Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Dagmar Ullmann-Bautz · 02. Jul 2013 · Theater

Vom Lieben und Verlieben – wunderbar erzählt vom Linzer Theater Phönix beim Theaterfestival in Bregenz

Gestern Abend erlebte das Publikum im Theater Kosmos einen glänzenden, witzigen, herrlich erfrischenden Abschluss des 1. Theaterfestivals der TheaterAllianz und es sei an dieser Stelle unmittelbar der dringende Antrag gestellt, dieses Festival doch bitte biennal in Bregenz stattfinden zu lassen. Denn was kann es für den Kultur- und Theaterinteressierten Schöneres geben, als eine Woche lang unterschiedlichste und qualitativ hochwertige Stücke zu sehen, Stücke, für die wir sonst nach Linz, Salzburg, Klagenfurt oder Wien reisen müssten.

Gerade erst hat das gestern gezeigte Stück „Die Fortpflanzung der Amöben“ im Linzer Theater Phönix seine Uraufführung im Rahmen des größten österreichischen Kinder- und Jugendtheaterfestivals SCHÄXPIR gefeiert. Das Stück von Suse Grüneis und der Musik von Gilbert Handler entstand nach einer Idee der Regisseurin Heidelinde Leutgöb, die auch inszenierte. Unterhaltsam, mit einer unglaublichen Leichtigkeit, viel Humor und coolen Brit-Rock-Songs erzählt das Stück über Sexualität, das Herantasten, Ausprobieren, das erste Mal, von Pornos und Selbstbefriedigung, Verliebt- und Anderssein.

Spielen, Tanzen, Singen


Gustav hat sturmfrei und seine Freunde überreden ihn zu einer Party. Anfänglich noch ängstlich – die vornehme Villa ist alles andere als partytauglich – willigt Gustav schließlich ein. Das Schauspielerensemble punktet auf allen Linien – darstellerisch, tänzerisch und musikalisch. Oskar-Wolf Meier überzeugend als Max, der seit fast einem Jahr darauf wartet, dass seine Freundin Julia (herrlich Beate Korntner) endlich mehr zulässt als nur schmusen und fummeln. Ganz anders Paul, gekonnt dargestellt von Leopold Geßele, er sucht verzweifelt eine Freundin und statt mit lässigen Sprüchen zu beeindrucken, scheitert er an der eigenen Tollpatschigkeit. Kathi, die eigentlich für Paul eingeladen wurde, überrascht mit ihrem Coming-Out als Lesbe und ihrer herzzerreißenden Verliebtheit – Lisa Schrammels Darstellung geht unter die Haut. Nastasja Winzig ganz fantastisch als das optische Mauerblümchen Mara, das sich aber sonst ganz gut zu helfen weiß und am Ende der Party eine bezaubernde Lovestory mit Gustav erlebt. Daniel Feik ist Gustav, absolut bestechend, und Schauspieler Feik zeichnet auch verantwortlich für die witzigen, sehr prägnanten Choreografien.

Erfrischende Inszenierung - amüsant und romantisch


Regisseurin Heidelinde Leutgöb ist eine hinreißend frische und erfrischende, offene Inszenierung gelungen, die sich kein Blatt vor den Mund nimmt und in den richtigen Momenten doch dezent bleibt. Die Ausstattung von Renate Schuler ist genial in ihrer Einfachheit und Funktionalität.

Der fantastische Abend, bei dem sich Jung und Alt herrlich amüsierten und auch romantisch sein durften, endete mit ausgiebigem, wohlverdientem Applaus für das großartige Ensemble.

Bildungsauftrag nicht durchsetzbar


Noch eine traurige Anmerkung zum Schluss: Das Theater Kosmos hat Einladungen an die Schulen für eine Schüleraufführung am Dienstagvormittag verschickt – man sollte meinen, ein „gefundenes Fressen“ für die Unterrichtsgestaltung in der letzten Schulwoche. Erstaunlich, dass sich darauf nur eine engagierte Lehrperson mit ihrer Klasse angemeldet hat und zwei weitere den gestrigen Abend besuchten. Diesen sei herzlich gedankt und sie sollten all jenen LehrerkollegInnen als Beispiel dienen, die, auf Grund gestrichener Sonderzahlungen bei Exkursionen, gelebte und erlebbare Kultur in seiner spannendsten Form ihren Schülern vorenthalten. Politik und Gesellschaft investieren bedeutende Summen in Kunst und Kultur, subventionieren Theater, Museen, Kunst- und Kultureinrichtungen. Den Bildungsauftrag an entscheidender Stelle, an unseren Schulen und für die kommenden Generationen durchzusetzen, scheint leider noch immer nicht durchsetzbar.