Neu in den Kinos: "The crow" (Foto: Leonine)
Anita Grüneis · 15. Jun 2021 · Theater

TAK-Saison 2021/22: „Ich bin klug. Ich“

Die Verantwortlichen des TAK haben einen Hang zu speziellen Saison-Themen. 2018/19 hieß es: „Der Vorhang stürzt, wir brechen auf“, darauf folgte „Die Welt ist oder ich verrückt“, dann „Die Wahl erst macht den Menschen“ und für 2021/22 lautet das Motto: „Ich bin klug. Ich“, ein Zitat von Heiner Müller. Wie Thomas Spieckermann meint, befeuern zur Schau gestellte „Ich-Konzepte“ politischer Führer in der Welt, die das Bild des starken Mannes über Gemeinwohl und Dialog stellen, die Tendenzen der Egozentrik und des Narzissmus. „Mit den Stücken unseres Spielplans, ihren Figuren und Konflikten eröffnet das Theater einen Raum des Gesprächs, der Reflektion und der Gemeinschaft.“

Auch in der kommenden Saison wird die Tradition der Eigenproduktionen fortgesetzt. Regisseur Oliver Vorwerk wird mit seinem Team drei Stücke erarbeiten: Von Shakespeare „Die Tragödie des Julius Cäsar“ und „Richard III“, dazu den letzten Teil der Theaterserie von Sibylle Berg: „Und sicher ist mit mir die Welt verschwunden“.
Eröffnet wird die Spielzeit am 11. September mit „einem Politthriller, in dem sich die Gegenwart unserer Welt verblüffend zu spiegeln scheint“, wie es im Programm heißt. William Shakespeares „Die Tragödie vom Leben und Sterben des Julius Cäsar“. „Mit Cäsar, Brutus und Marc Anton ringen drei Politikertypen um die Frage des richtigen politischen Handelns. Der selbstherrliche und arrogante Cäsar verkörpert den ‚starken Mann‘, der das Volk begeistern kann. Der Idealist Brutus handelt selbstlos und besonnen und vertraut auf Vernunft, Marc Anton nutzt die Gunst des Augenblicks, um mit Rhetorik und Raffinesse die Tragödie zu seinem persönlichen Aufstieg zu wenden. Und jeder von ihnen ist auf seine Weise getrieben von der Gewissheit, der Richtige zu sein“.

 Sibylle Berg und ihre Frauenwelt

Als nächste Eigenproduktion folgt am 22. Oktober Sibylle Bergs „Und sicher ist mit mir die Welt verschwunden“. Es ist der letzte Teil einer Theaterserie, die von der Autorin 2013 mit dem Werk „Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen“ begann, 2015 und 2017 mit je einem neuen Stück fortgesetzt wurde, und nun in diesem neuen Werk endete. Träumte die Autorin im ersten Stück noch von der Befreiung der Frau, so muss sie nun feststellen „die Bücher, die feministischen, marxistischen, queeren, die lagen herum, mit ihren Überschriften, über die wir nicht hinausgekommen sind, während wir lieber Serien geschaut haben.“ Im Krankenhaus liegend blickt sie auf sich, ihr Leben und das was es einst, als sie jung war, an Versprechen bereitzuhalten schien: „Hier ist die Welt, geh hinaus und verändere sie!“ Doch nun, im Angesicht des Todes, stellt sie fest: Nicht sie hat die Welt verändert und gestaltet, sie hat sich eingefügt in die – überwiegend männlich geprägten – Wertvorstellungen der Welt und die Ansprüche anderer. Versprochen waren Liebe, Erotik, Exotik und Erfüllung – bekommen hat sie Kühlschränke, Immobilien, triste Reisen und die Abwesenheit von Liebe. Und so malt sich die Sterbende einen letzten Racheakt aus – ein Bombenattentat. Gespielt wird das Stück von Julian Härtner, Sylvana Schneider und Christiani Wetter.
Am 29. Januar dann die dritte Eigenproduktion von Oliver Vorwerk mit einem weiteren Shakespeare-Stück: „König Richard III“, eine „meisterhafte Analyse des gnadenlosen Willens zur Macht und eine zeitlose Darstellung eines übergroßen ‚Ich‘“, wie es im Programm heißt. Das Stück wird übrigens ausschließlich von Frauen gespielt werden.

 Mainzer Koproduktion bei „Für immer die Alpen“

Im November folgt eine Koproduktion zwischen dem TAK und dem Staatstheater Mainz. Benjamin Quaderers erfolgreicher Roman „Für immer die Alpen“ wird auf die Bühne gebracht. Der Liechtensteiner Autor zeichnet in seinem Buch das schillernde Selbstporträt eines Hochstaplers, Betrügers und Datendiebs, dessen Geschichte zu großen Umwälzungen im Fürstentum und anderswo geführt hat. Heinrich Kieber lässt grüßen. Inszenieren wird Friederike Heller, spielen werden Thomas Beck, Julian von Hansemann, Carlotta Hein, Andrea Quirbach.
Das Stadttheater Konstanz kommt am 13. Januar nach Schaan und zeigt seine Inszenierung von „Jeder stirbt für sich allein“ nach dem Roman von Hans Fallada. Über die Aufführung schrieb Wolfram Frommlet in der „Schwäbischen Zeitung“: „Den bewegenden Tönen des Widerstands und der Angst setzt Shirin Khodadadian in ihrer oft provokant grellen Regie die fünf Schergen und Karrieristen des Regimes entgegen. Sie vermeidet jeden Nazi-Realismus, nimmt den ‚autoritären Charakteren‘ (Theodor Adorno) das ‚Deutsche‘, das Streotyp.“

Dürrenmatt und Tschechow – Basel, Zürich, Berlin

Im Februar gastiert das Theater Basel mit Anton Tschechows „Onkel Wanja“, die tragikomische Aufstellung einer Patchwork-Familie, in der jede/r etwas anderes hofft und erwartet, als die anderen ihm oder ihr geben können. Dabei gibt es Tschechow auf Schweizerdeutsch zu hören! „Man ist frappiert, wie gut das (meistenteils) klappt, ja errötet beinahe, wie treffend dem Basler Autoren Lucien Haug, verantwortlich für die Textfassung dieser Tschechow-Aktualisierung, und Regisseur Antú Romero Nunes ein Jetzt-Bild der Schweiz geglückt ist. Direkt: So genussvoll selbstmitleidig und sentimental kann man auch hierzulande sein“, schreibt Claude Bühler in seiner Nachtkritik.

Im März dann das Schauspielhaus Zürich mit Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ in der Regie von Nicolas Sterman, Intendant des Schauspielhauses Zürich. Im April gibt es mit „Play Strindberg“ ein weiteres Dürrenmatt-Stück, dieses Mal vom Deutschen Theater Berlin. Eine satirisch-bissige Ehekomödie mit den Star-Schauspielern Sophie Rois und Ulrich Matthes. „In Starbesetzung durch die Ehe-Hölle“, schrieb ein Kritiker dazu. 

Das Deutsche Nationaltheater Weimar gastiert im Mai mit Dirk Lauckes „Ich liebe Dir“, in dem ein Vater seinem Sohn die Welt erklärt, im Juni wird mit „Addio Amor“ eine Theaterproduktion mit namhaften Schauspieler*innen aus der Schweiz gezeigt, die das Alt-Sein im Theater und in unserer Gesellschaft zum Thema hat.

Die ganz Großen im Musikprogramm

Das Musikprogramm wird im September mit einem Weltstar eröffnet: Rudolf Buchbinder spielt mit den Festival Strings Lucerne unter Daniel Dodds die Klavierkonzerte Nr. 1 und Nr. 3 von Ludwig van Beethoven. Mit The King’s Singers und dem Orchester le Phénix geht es im November weiter, dabei werden zwei Countertenöre, ein Tenor, zwei Baritone und ein Bass unter anderem Musik von Henry Purcell, Thomas Weelkes, William Byrd singen. Im Dezember gastiert ein weiterer Weltstar in Vaduz: Die große Martha Argerich spielt Maurice Ravels Klavierkonzert in G-Dur. Begleitet wird sie von The European Philharmonic Switzerland unter der Leitung von Charles Dutoit, die auch Antonín Dvořáks „Symphonie Nr. 9 in e-Moll“ „Aus der Neuen Welt“ aufführen werden.

... und dann eine Mozart-Gala

Freunde des Blockflötenklangs dürfen sich im Januar freuen, dann kommen Maurice Steger und das Zürcher Kammerorchester und spielen Werke von Johann Sebastian Bach, Antonio Vivaldi, sowie Wolfgang Amadeus Mozarts Serenade „Eine kleine Nachtmusik“. Mit einer Mozart-Gala geht es im Februar weiter: Das Kammerorchester Basel kommt mit Elsa Dreisig und Baptiste Lopez. Zu hören sein werden Arien aus „Le Nozze di Figaro“, „Cosi fan tutte“ und „Don Giovanni“, die Ouvertüre aus „Le Nozze di Figaro“ und die Prager Sinfonie Nr. 38 in D-Dur KV 504. 

Weitere Highlights: Marc Bouchkov und Sinfonieorchester Liechtenstein unter der Leitung von Mei-Ann Chen und mit Werken von Aaron Copland, Erich Wolfgang Korngold und Sergej Rachmaninow am 24. März. Im April kommen die Wiener Sängerknaben, im Mai gastiert Julia Fischer und die Academy of St. Martin in the Fields mit Werken von Schubert, Britten, Mozart und Schostakowitsch. Zum Abschluss ist im Juni eine brandneue Barockoper von Antonio Vivaldi zu hören. Das Theater Orchester Biel Solothurn TOBS bringt in Kooperation mit der niederländischen Gruppe OPERA2DAY „Gefährlichen Liebschaften – Les Liaisons dangereuses“, ein zentrales Werk der französischen Literatur des 18. Jahrhunderts auf die Opernbühne. Die schönsten Arien Vivaldis wurden dafür mit einem neuen Libretto unterlegt und mit neu komponierten Rezitativen verbunden.
Den großen Saison-Abschluss bildet die Ibero-Amerikanische Philharmonische Akademie mit Roberto González-Monjas und der Sinfonie Nr. 2 in c-Moll op. 17 „Kleinrussische“ von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky.
Neben den Produktionen im Theater und Musikbereich wird die Saison von einem Kabarett- und Jazzprogramm sowie spannenden Jugendtheaterproduktionen abgerundet.

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