Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Dagmar Ullmann-Bautz · 07. Okt 2011 · Theater

Provokant und aufregend - „McFamily“ von Philipp Preuss im Theater Kosmos in Bregenz

So muss Theater sein – engagiert, spannend, unterhaltsam! Philipp Preuss bescherte dem Theater Kosmos und seinem Publikum einen exzellenten Theaterabend, den man so schnell nicht vergessen wird, einen Theaterabend, über den trefflich diskutiert werden darf, der polarisiert. „McFamiliy“, von Philipp Preuss geschrieben und inszeniert, feierte am Donnerstag seine Uraufführung in Bregenz.

Das Theater Kosmos hat den jungen Bregenzer, der seit Jahren erfolgreich an großen deutschen Theaterhäusern arbeitet, nach Hause geholt. Es ist das erste mal, dass Regisseur Preuss in Vorarlberg, ja in Österreich inszeniert und arbeitet, ebenso Ramallah Aubrecht, die für die Ausstattung verantwortlich zeichnet. Als Team haben die beiden schon einige Projekte realisiert und dass sie hervorragend harmonieren, ist bei „McFamily“ deutlich zu spüren, verbinden sich doch Text, Spiel, Musik, Kostüme und Bühne zu einer stimmigen und aussagekräftigen Einheit. Michael Schernigg beleuchtete die Szenerie sehr einfühlsam und setzte Akzente.

Charles Manson führte die Gruppe autokratisch mit brutaler Gewalt

Charles Manson, geboren 1934, gründete  nach einigen Gefängnisaufenthalten im Jahre1967 in Südkalifornien eine Art Sekte, die Manson Family, in die er bevorzugt junge, rothaarige und zart gebaute Mädchen aufnahm. Mit Gruppensex und Drogenorgien versuchte Manson, neue Mitglieder zu gewinnen. Er führte die Gruppe autokratisch, später auch unter Einsatz brutalster Gewalt. Um Chaos und Angst zu säen, ordnete er die Ermordung von Menschen an. Eines der bekanntesten Opfer der Manson Family war die Ehefrau von Roman Polanski, Sharon Tate, zur Tatzeit im achten Monat schwanger.

Künstliche Erzeugung von Feindbildern, Schüren von Angst

Philipp Preuss bedient sich der Geschichte des Charles Manson und seiner Sekte der Manson Family als Quelle für sein Stück, setzt sie in einen größeren Kontext und wirft dabei die Frage auf, ob in unserer neoliberalen Gesellschaft nicht ähnliche Mechanismen herrschen. Das Spiel mit Begehrlichkeiten, sei es das Verlangen nach absoluter Freiheit oder die Gier nach Erfüllung profaner und vermeintlicher Bedürfnisse, die künstliche Erzeugung von Feindbildern oder das Schüren von Angst – das alles kommt uns doch sehr bekannt vor. Das konnte nicht nur ein Charles Manson, mit diesen Mitteln – so wollen das Stück und Regisseur Preuss uns sagen - arbeiten heute die Politik, die Wirtschaft, die mächtigen Manipulatoren unserer Gesellschaft.

Fantastisches Ensemble

Um das von Preuss zusammengestellte Schauspielerensemble zu loben, genügen kaum Worte. Drei Schauspielerinnen und zwei Schauspieler formieren sich zu einer Einheit, einer Gemeinschaft, die verschweißter und gleichzeitig doch unterschiedlicher nicht sein könnte. Ihr Spiel erreicht einen ungewöhnlichen Grad an Authentizität. Allen voran muss Felix Römer genannt werden – sein Fuko reißt Grenzen ein, wörtlich sowie spielerisch, und lässt einen mit seinem unbändigen, ungezügelten Temperament das Atmen beinahe vergessen. Nicht weniger überzeugend Johanna Marx als Deaf Vally, die mit unglaublicher Klarheit besticht. Auch der Figur des Bobosole – von Alexander Gier mit sehr großem Einfühlungsvermögen dargestellt – glaubt man die nicht in den Vordergrund gespielte Verzweiflung aufs Wort. Als Schülerin vom Lehrer vergewaltigt, geht Kitschi weiterhin, oberflächlich betrachtet, naiv-heiter auf ihre Mitmenschen zu. Anne Breitfeld verkörpert die Kitschi mit einer fantastischen Mischung aus tiefer Hintergründigkeit und Naivität. Drogen sind der Lebensmittelpunkt von Suzie Q - von Petra Staduan unglaublich intensiv, ja existentiell charakterisiert.

Zuschauer sind Mitwirkende

Was für einige der Zuschauer nicht so leicht zu ertragen war ist die Tatsache, dass Preuss das Spiel ins Publikum hinein zieht. Er durchbricht ständig die vierte (imaginäre) Wand und macht somit aus dem Zuschauer einen Mitwirkenden, was die Aussage des Stückes um ein vielfaches verstärkt.

Der Großteil des Publikums bedankte sich mit begeistertem und langanhaltendem Applaus.

 

Weitere Aufführungen im Theater Kosmos:
8./13.-16./20.-22./25./28./29.10., jeweils 20 Uhr
www.theaterkosmos.at