Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Dagmar Ullmann-Bautz · 05. Okt 2011 · Theater

Eine zähe Sache überzeugend gespielt – Brechts „Dreigroschenoper“ am Vorarlberger Landestheater

Die neue Theatersaison ist eröffnet! Unter dem Motto „Liebeszeit“ offenbart Intendant Alexander Kubelka seine Vorliebe für das Musiktheater. Das Vorarlberger Landestheater feierte am vergangenen Freitag die Saisoneröffnung mit der Premiere der legendären „Dreigroschenoper“, einem Schauspiel mit Musik von Bertolt Brecht und Kurt Weill.

Es ist ein netter Trick, mit dem Regisseur Alexander Kubelka die 1928 uraufgeführte „Dreigroschenoper“ ins Hier und Jetzt transportiert. Ein Jugendlicher in Kapuzenshirt und mit Baseballmütze, auf der Flucht, nachdem er einen Lolly geklaut hat, lässt sich durch flotte Klänge der Musik dazu inspirieren, Münzen in einen Automaten zu werfen, um damit den Vorhang zu Brechts politischem, sozialkritischem Theaterstück zu öffnen. Die Figuren-Peepshow wird den sozialkritischen Elementen des Stückes höchst gerecht, findet aber in keiner Minute des gut 200-minütigen Theaterabends seinen Rhythmus.

Dominantes Orchester

Augenblicke, in denen wahre Leidenschaft entflammt, bleiben rar - zwei der schönsten sind der Streit und die spätere Verschwesterung von Polly (sinnlich-naiv: Olga Wäscher) und Lucy (leidenschaftlich-frech: Lisa-Maria Sexl). Nein, nichts darf gegen das bemühte Ensemble gesagt werden. Beherzt  kämpfen sie sich durch den die Bühne bedeckenden Dreck. Ebenso mutig singen sie gegen ein dominant aufspielendes Orchester (Ensemble Plus) an. Ja, die Musik ist wirklich gut – was die Musiker unter der Leitung von Andreas Ticozzi aus dem Orchestergraben erklingen lassen, sind mitreißende, fantastisch schräge Töne. Schön singen auch die Schauspieler. Man hört es dann, wenn die Macht des Orchesters ein stimmliches Durchkommen erlaubt. Schade, denn die Liedtexte erzählen wichtige Vorgänge und Entwicklungen im Stück.

Richtige Mischung aus Macht und Ohnmacht

Maximillian Laprell überzeugt als Macheath ebenso wie Christian Graf in der Rolle des Jonathan Peachum, der wiederum schön ergänzt wird durch Helga Pedross als Celia Peachum. Polizeichef Tiger Brown wird von Markus Menzel in der richtigen Mischung aus Macht und Ohnmacht gespielt. Auch alle anderen Darsteller – Adelheid Bräu, Mario Plaz, Alexander Julian Meile, Lukas Kientzler, Andreas Jähnert, Michael Schiemer und Willi Kiesenhofer – beweisen in verschiedenen Rollen große Wandlungsfähigkeit.

Gebremstes Tempo

Doch trotz des toll agierenden Ensembles ziehen sich die Szenen manchmal wie Kaugummi. Schon die alte Schreibmaschine, die gleich zu Beginn Buchstaben für Buchstaben auf die Leinwand stempelt, ist Sinnbild für das gebremste Tempo dieser Inszenierung. Liegt es vielleicht an der zentimeterdicken Erdschicht, die den Bühnenboden bedeckt und durch die jeder Schritt recht mühsam wird? Oder ist es die Türe, die ca. 80 cm über dem Boden liegt und jedes Auf- und Abtreten bremst?

Anspielungen und Zitate

Davon abgesehen, besticht die Bühne von Paul Lerchbaumer durch ihre Einfachheit und Klarheit – eine Bühne, die innerhalb der Bühne Bert Brechts Erzählstil unterstützt. Die Kostüme von Andrea  Hölzl  bedienen eindeutig Klischees und arbeiten gezielt mit  Anspielungen und Zitaten.
Die Voraussetzungen für einen spannenden und sehr unterhaltsamen Theaterabend waren gegeben, wurden aber leider nicht wirklich genutzt.