Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Dagmar Ullmann-Bautz · 26. Okt 2019 · Theater

„Owe den Boch“ – großartig, aberwitzig, rasant!!

Im Rahmen der Theaterallianz findet dieser Tage im Theater Kosmos in Bregenz ein großartiges Theaterfestival statt. Bisher waren zu sehen und zu bewundern das Theater Phoenix aus Linz, das Schaupielhaus Salzburg und zuletzt das Klagenfurter Ensemble mit dem Stück „Owe den Boch“ von Antonio Fian, ein sehr eindrückliches, witziges aber auch trauriges Sittenbild Kärntens und seiner BewohnerInnen. Aufmerksame Standard-LeserInnen werden Fians Kolumne „Dramolette“, die dort regelmäßig publiziert wird, kennen.

Kritischer Beobachter

Antonio Fian ist ein ganz genauer, ein kritischer Beobachter seiner Landsleute und er versteht es, mit der Sprache zu spielen, weiß sehr genau sie einzusetzen. Der Zeitraum des Stücks erstreckt sich über 12 Jahre, es erzählt den Werde- bzw. Niedergang zweier Beachvolleyballer von 2004 bis 2016, sinnbildlich für ein ganzes Land und seine Bewohner.

Tragisch komisch

Die Sprache ist extrem verknappt, in einem Dialekt, der eigentlich eine Kunstsprache ist und dabei auf eine ganz spezielle Kärntner Geschichte hinweist, nämlich auf das zweisprachige Gebiet im Kärntner Unterland. Regisseur Rüdiger Hentschel hat ein rasantes Spiel inszeniert, ein wilder Reigen, angekurbelt von der spannenden Musik von Primus Sitter. Eine Bank und ein Strandhäuschen, entworfen von Rüdiger Hentzschel und gelegen am Wörthersee, machen sich großartig als Kulisse für dieses herrlich tragisch-komisches Stück.

Fantastische SchauspielerIn

Nadine Zeintl spielt und singt die Übergänge von einem Jahr zum nächsten, überzeugt mit ihrer wunderbaren Stimme und mit kraftvollem, körperbetonten Ausdruck. Die beiden Beachvolleyballer, gespielt von Michael Kristof-Kranzelbinder und Markus Schöttl, ziehen sich in ihrer Gegensätzlichkeit an, wagen aber nicht, sich wirklich zu nähern. Sie sind Freunde, die miteinander saufen, jammern und sich Frauengeschichten erzählen. Michael Kristof-Kranzelbinder weiß den coolen Kerl zu geben und ist zudem in den sprachlosen Passagen ganz wunderbar. Fantastisch auch Markus Schöttl, sehr trocken und dann wieder voll bezaubernder und poetischer Gefühlsregungen.

Universum menschlicher Emotionen

Hier wird nicht nur der Text perfekt auf die Bühne gebracht, hier erlebt der Zuschauer ein ganzes Universum an menschlichen Emotionen und das in einer Sprache, deren Sätze aus maximal drei Wörtern bestehen.
Zum Schluss gab's begeisterten Applaus und es ist schade, dass so viele Menschen diesen eindrucksvollen Abend versäumt haben. Das Theaterallianz-Festival dauert leider nur noch dieses Wochenende. Auf dem Programm steht das Stück „Der Sprecher und die Souffleuse“ des Theaters am Lend, Graz.