Nora Gomringer zog bei der Konzertlesung in der Bludenzer Remise die Zuhörenden in ihren Bann.
Dagmar Ullmann-Bautz · 22. Okt 2019 · Theater

„Antigone :: Comeback – Eine Probe mit Weigel und Brecht“ – eine Theaterinstallation 2.0

Zum zweiten und hoffentlich nicht letzten Mal gastierte RAUM+ZEIT, das Künstlerkollektiv, letzte Woche am Vorarlberger Landestheater. Mit dem Stück „Diorama Bregenz :: Der letzte Mensch“, aufgeführt im Magazin 4, begeisterte die Company erst im vergangenen Juni - letzten Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag durfte ein interessiertes Publikum ein weiteres und ganz besonderes Theaterereignis genießen. Die Aufführung stellte jeden einzelnen Zuschauer in den Mittelpunkt. An den vier hintereinander folgenden Abenden konnten jeweils 20 Zuschauer, einzeln im Abstand von 12 Minuten eingelassen, an einer einzigartigen Performance teilnehmen.

Auftragsarbeit und Kooperation

RAUM+ZEIT, namentlich Regisseur Bernhard Mikeska, Dramaturgin Alexandra Althoff und Autor Lothar Kittstein entwarfen die szenische 360-Grad-Installation „Antigone :: Comeback – Eine Probe mit Weigel und Brecht“, die ins Chur des Jahres 1948 und sein dortiges Theater führt. Die Auftragsarbeit des Churer Theaters entstand in Kooperation mit dem Brechtfestival Augsburg und dem Vorarlberger Landestheater.

Existenzielle Bedeutung

1948 eben aus dem Exil nach Europa zurückgekehrt, war die Inszenierung des Klassikers „Antigone“ Bertolt Brechts und Helene Weigels erste Arbeit am Theater in Chur und sein Erfolg für beide von höchster existenzieller Bedeutung. Dementsprechend angespannt dürften die Nerven sowohl der Schauspielerin Helene Weigel als auch von Regisseurs Bertold Brecht gewesen sein.

Großartige Schauspielerin

Der Text und die Inszenierung von Kittstein und Mikeska widmen sich ganz der Figur der Helene Weigel. Sie, die seit 10 Jahren nicht mehr auf der Bühne gestanden hatte und vollkommen unter Brechts Einfluß stand, wird beeindruckend eindringlich von Claudia Renner dargestellt. Allein im Raum mit der Schauspielerin sieht man sich vollkommen ihren Emotionen ausgeliefert als ein Zuschauer, der alles aus unmittelbarer Nähe wahrnimmt und so entlang einer imaginären Grenze zwischen Realität und Spiel geführt wird.

Behutsam geführt

Im weiteren Verlauf der Vorstellung erhält der Zuschauer eine VR-Brille, wird behutsam von Guides angeleitet und weitergeführt bis sich ein neuer Raum eröffnet. Man wähnt sich in der Figur der Helene Weigel während einer Probe mit Brecht, eindrücklich gespielt von Peter Jecklin.

Begeistert und fasziniert

Es beginnt ein mitreißendes Spiel um Macht und Widerstand und der Zuschauer steht mittendrin. Jeder Raum versetzt einen in eine andere Zeit und Welt. Sei es die kleine schmucklose Garderobe von Helene Weigel, der Zuschauer- oder der Bühnenraum und ganz besonders das Schlussbild, wenn die Decke, die Wände vor den Augen abgebaut werden und man sich unvermittelt an einem rauschenden Bach mitten in den Bergen befindet.

Zu überraschen, zu begeistern, zu faszinieren – RAUM+ZEIT ist das wiederum mühelos gelungen!