Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 23. Nov 2011 · Musik

Zu Ehren eines ganz Großen – Bruno Oberhammer spielt das Orgelwerk von Johann Sebastian Bach und präsentiert eine höchst bemerkenswerte neue CD

Zum hundertjährigen Jubiläum der Pfarrkirche Höchst interpretiert der aus Höchst stammende Organist Bruno Oberhammer sämtliche Werke, die Johann Sebastian Bach für Orgel komponiert hat. Im Rahmen dieses großen Vorhabens wurde nun auch eine CD vorgestellt, die Bachs Orgelbüchlein BWV 599-644 beinhaltet. Das Besondere an diesem Tonträger liegt darin, dass das Vokalensemble „Capella St. Nicolaus“ jeder Orgelchoralbearbeitung den gesungenen Choral voranstellt. Auf diese Weise ergibt sich ein höchst ansprechendes, in sich abgerundetes musikalisches Ganzes, das viele musikalische Querverbindungen zulässt und das Hörerlebnis bereichert.

In der Höchster Pfarrkirche befindet sich die Lieblingsorgel von Bruno Oberhammer. Sie wurde von der Orgelbaufirma Rieger erbaut und besitzt einen sehr schönen, warmen und gleichzeitig voluminösen Klangcharakter, der der Spielart des Organisten sehr entgegenkommt.

Präludium und Fuge sowie Weihnachtsfughetten

Vor der CD-Präsentation fand das elfte Konzert des groß angelegten Bachzyklus statt. Transparent führte Bruno Oberhammer die Stimmen in Präludium und Fuge in f-Moll, BWV 534 sowie BWV  536. Ebenso klar wurde die Fantasie in C-Dur, BWV 570 dargestellt. Das Allabreve in D-Dur, BWV 589 ist ein selten gespieltes Werk, das in seiner Anlage aufhorchen ließ. Die sieben Weihnachtsfughetten (BWV 696-703) registrierte Bruno Oberhammer mit gut auf die einzelnen Stücke abgestimmten Klangfarben, so dass ein mitteilsamer musikalischer Bogen entstand. Abschließend öffnete sich der musikalische Blick hin zur Toccata, BWV 564, einem virtuosen Konzertstück im italienischen Stil. Wirkungsvoll wurden die thematischen Gegensatzpaare entfaltet sowie Ruhepole in lyrischen Passagen geboten.

Spiel mit Handicap

In einigen Werken habe ich mich über die Ungenauigkeiten in der Ausgestaltung gewundert, weil diese für die Spielart von Bruno Oberhammer untypisch sind. Nach dem Schlussapplaus entschuldigte sich der Organist dafür und machte auf sein Handicap aufmerksam. Unmittelbar vor Konzertbeginn hatte er sich an der Fingerkuppe verletzt. Klar, dass unter diesen Umständen die anspruchsvollen Themenführungen nicht „wie geschmiert“ laufen konnten.

Bach und Drumset

Dies tat jedoch der guten Stimmung keinen Abbruch, und sehr viele KonzertbesucherInnen ließen sich die anschließende CD-Präsentation nicht entgehen. Als musikalischer Beitrag erwarteten viele wohl Vokalmusik von Bach oder ähnliches. Doch Bruno Oberhammer ist immer für Überraschungen gut, so engagierte er den Grafiker und Musiker Eric Lechner, der auf seinem Drumset höchst originell Werke von Bach spielte. Markus Brändle, langjähriger künstlerischer Aufnahmeleiter beim Saarländischen Rundfunk, betonte in seiner Rede die musikalische Darstellungskraft, die künstlerische Sorgfalt und Begeisterung für die Musik von Johann Sebastian Bach, die Bruno Oberhammer in seiner Spielart leiten.

„Das Wörterbuch der Sprache Bachs“

Präsentiert wurde ein rundum überzeugender und hörenswerter Tonträger. Ein lebendiger und raumfüllender warmer Ton durchzieht die gesamte Aufnahme. Schlicht und in sich geschlossen singen Laura Mildner, Chrstine Schneider (Sopran), Gertrud Pescoller-Tiefenthaler (Alt), Benjamin Lack (Tenor), Hubert Dobl und Martin Summer (Bass) die Bachchoräle, die den Choralbearbeitungen vorangestellt sind. Die darauffolgenden Choralbearbeitungen präsentiert Bruno Oberhammer mit vielfältigen Klangfarben, die den einzelnen Stücken jeweils einen charakteristischen Ausdruck verleihen. Einen informativen und sympathischen Einblick in die Wesensart von Bachs „Orgelbüchlein“ liefert das Interview, das Fritz Jurmann mit dem Organisten geführt hat. So werden die ZuhörerInnen mit den vielgestaltigen Kompositionen in einen musikalischen Kosmos und durch das Kirchenjahr hindurch geführt.

 

Johann Sebastian Bach: Orgelbüchlein.
Bruno Oberhammer an der Rieger-Orgel der Pfarrkirche St. Johann, Höchst. Capella St. Nicolaus.
Leitung: Benjamin Lack.
Künstlerische Aufnahmeleitung und Digitalschnitt: Markus Brändle
Executive Producer und Redaktion: Fritz Jurmann
Vertrieb: Joe Morscher, VMS/Zappel Music 2011.