Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Silvia Thurner · 23. Aug 2021 · Musik

Wer wagt, gewinnt! - Das Symphonieorchester Vorarlberg und Leo McFall setzten ein starkes Zeichen

Traditionell gestaltet das Symphonieorchester Vorarlberg das vierte Orchesterkonzert bei den Bregenzer Festspielen und stellt sich damit in die Reihe des „Hausorchesters“, den Wiener Symphonikern. Diesmal wuchsen die Musikerinnen und Musiker mit Werkdeutungen von Beethoven, Haydn und Larcher über sich hinaus. Im Mittelpunkt standen die humorvoll und virtuos spielenden Pawel Zaljski (Violine), Mathias Johansen (Violoncello) und Viola Wilmsen (Oboe) sowie Heidrun Wirth-Metzler (Fagott) in Haydns Sinfonie concertante. Einen großen Eindruck hinterließ die österreichische Erstaufführung der dritten Symphonie von Thomas Larcher. Die Musikerinnen und Musiker gaben alles, der riesige Orchesterapparat, die eindrucksvolle Komposition und der hervorragende Leo McFall am Pult versetzten das Publikum in Jubelstimmung und stellten manch vorangegangenes Orchesterkonzert der diesjährigen Festspiele in den Schatten.

Leo McFall leitete das Symphonieorchester Vorarlberg zum ersten Mal im Rahmen der Bregenzer Festspiele. Deshalb konnte die Werkauswahl auch als Hinweis auf das Selbstverständnis des neuen Chefdirigenten am Pult des SOVs verstanden werden: Beethovens freiheitsliebender Held Egmont, Haydns Sinfonie concertante, die Mitglieder aus den Reihen des Orchesters solistisch ins Rampenlicht rückte, und der Blick über den Tellerrand des traditionellen Werkekanons hinaus in die kompositorische Gegenwart mit Thomas Larchers dritter Symphonie.
Bereits Beethovens einleitend dargebotene Egmont-Ouvertüre erklang plastisch ausgeformt und hinterließ einen guten Eindruck. Dann folgten zwei Werkdeutungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, dennoch zogen beide die Zuhörenden gleichermaßen in ihren Bann.

Eine Orchesterbesetzung, die alle Stückchen spielt

Thomas Larcher ist seit der Aufführung seiner Oper „Das Jagdgewehr“ bei den Bregenzer Festspielen bestens bekannt. Die österreichische Erstaufführung der dritten Symphonie mit dem Titel „A Line above the Sky“ war ein Abenteuer sowohl für die Musikerinnen und Musiker des SOV als auch für das Publikum. Ein riesiger Orchesterapparat mit viel Perkussion und zusätzlich Zymbal, Akkordeon, Klavier und Celesta ließ keine Wünsche an die Vielfalt der Klangfarben offen.
In seinem Werk nahm Thomas Larcher Bezug auf die gleichnamige Kletterroute in den Dolomiten und verwendete sie als Inspirationsquelle sowie als Sinnbild für musikalische Entwicklungsprozesse, ohne jedoch Programmmusik zu sein. Ein herausstechendes Qualitätsmerkmal der dritten Symphonie war, dass zwar alle Möglichkeiten sich der riesigen Orchesterbesetzung zu bedienen gegeben waren, Thomas Larcher aber nie einer oberflächlichen Versuchung von bloßer Klangmalerei erlegen ist.
Am Beginn zurückhaltend gesetzt und allein aus diesem Grund äußerst spannungsgeladen, wirkte der erste Abschnitt der Komposition. Wellenförmig sich aufbauende musikalische Linien zogen die Zuhörenden sofort ins Klanggeschehen hinein. Als organisches Ganzes wurden sodann die Motive in den Stimmgruppen verdichtet und gegeneinander gespielt. Einen Choral zelebrierten die Blechbläser. Unterschwellig tremolierende Flächen wuchsen zu gleißenden Klangmassen heran, die die bogenförmig angelegten thematischen Linien mit rhythmischen Beschleunigungsprozessen, in vielfältigen Orchesterfarben leuchtend, überfluteten. Eine Kontrastwirkung zeigte sich in der zweisätzigen Anlage des Werkes, sie war aber auch im innermusikalischen Aufbau vorhanden.
Der zweite Satz war flächiger angelegt und glich einem langen Ausatmen. Die Entfaltung musikalischer Entwicklungslinien nahm viel Zeit ein. Immer dann, wenn die Musik ins illustrativ Kitschige abzudriften drohte, brachte Thomas Larcher überraschende Wendungen und Klangereignisse ein, die aufhorchen ließen. Jubelnd nahmen die Zuhörenden die Musik auf und feierten das Orchester, den Dirigenten und den Komponisten.

Mitreißender Humor und Spaß am Gestalten

Gute Laune verbreiteten Pawel Zalejski (Violine), Mathias Johansen (Violoncello) Viola Wilmsen (Oboe) und Heidrun Wirth-Metzler (Fagott) als Solisten und Solistinnen in Haydns Sinfonie concertante. Humorvoll und in einem fröhlichen Austausch miteinander gestalteten sie die Soloparts, indem sie sich die musikalischen Bälle mit großer Spielfreude zuspielten, sich gegenseitig Raum gaben, einander in den virtuosen Passagen so richtig anfeuerten und damit die Zuhörenden in ihren Bann zogen. Die Vorreiterrolle, die Haydn der Violine zugeschrieben hat, spielte Pawel Zalejski vielsagend aus. Wunderbar phrasierte er die Themen und legte sie den anderen vor. Das Orchester bot dem Quartett eine gute musikalische Basis, wirkte präsent agierte aber in der gebotenen Zurückhaltung.
Wolfgang Schröders kabarettistisches Stück „Eine kleine Lachmusik“ gestalteten die Solistinnen und Solisten mit großem Spaß aus und das Publikum ging begeistert mit.