Ethan Coen hat seinen ersten Spielfilm als Soloregisseur gedreht: „Drive-Away Dolls“. (Foto: Focus Features)
Anita Grüneis · 27. Aug 2021 · Musik

Vaduz Classic 2021: Stimmungsvoller Konzertauftakt in kalter nasser Nacht

Im Kino kann das so schön sein: es regnet in Strömen, die Gefühle fahren Achterbahn und trotzdem wird gesungen und gelacht – «singing in the rain» anzuschauen ist eben doch etwas ganz anders als bei lautstarkem Regen mit fast tausend Leuten auf dem Dach einer Garage zu sitzen und der Live-Musik von Filmen zu lauschen. Und trotzdem: Das Eröffnungskonzert von Vaduz Classic war eine heiße Nummer.

Sie sind wahrlich nicht vom Glück heimgesucht, die Organisatoren von Vaduz Classic. Letztes Jahr musste das Festival pandemiebedingt abgesagt werden. Dieses Jahr stand eine Absage auf der Kippe, da am Samstag die Liechtensteinische Landesfürstin Marie gestorben war. Man fand einen Kompromiss und änderte das Programm – das vorgesehene Konzert am Tag der Beerdigung von Fürstin Marie entfällt, alles andere findet statt und der Anlass wurde ihr gewidmet. So konnte das Festival wie geplant am Donnerstag eröffnet werden. Auf dem Programm standen «Magische Momente der Filmmusik». Dirigent Kevin Griffiths verwandelte die Residenz mit dem Sinfonieorchester Liechtenstein, den Swiss Gospel Singers, den Solistinnen Nadia Maria und Sarah Längle sowie Stargast Lebo M. für fast drei Stunden in einen Blockbuster, in dem alle Worte von der Musik übernommen und damit Emotionen in reinsten Form freigesetzt wurden. 

Wunschkonzert der Filmmusik

Bevor dieser Film startete, wurde der verstorbenen Landesfürstin gedacht, das Sinfonieorchester spielte Dvoraks 2. Satz «Largo» aus «der Neuen Welt» und das Publikum erhob sich zur Schweigeminute. Moderatorin Nina Ruge meinte im Anschluss «Auch der Himmel weint und Liechtenstein trägt Trauer» - es regnete in Strömen und die Temperatur war auf 15 Grad gesunken. Trotzdem harrten alle im Publikum der Musik, die da kommen sollte und sie wurden reich belohnt. "So ein loyales und treues Publikum ist selten", meinte denn auch Nina Ruge. Dann ging es flott der Hitliste des Mainstream-Kinos entlang. Dabei machte natürlich Alfred Newmans "Fanfare für 20th Century Fox" den Beginn, gefolgt von der Ouvertüre aus dem Film »Unter Piratenflagge» von Erich Wolfgang Korngold. Und schon da wurde klar, dass Filmmusik eine Kunst für sich ist, die auch ohne Bild zu bestehen weiß. Denn sie transportiert Emotionen – wer die Filme jeweils gesehen hatte, für den wurden auch die Bilder präsent, aber auch ohne Kenntnisse der jeweiligen Filme war zu hören, dass die Kompositionen von Maurice-Alexis Jarre (Dr. Schiwago), John Williams (Star Wars), Henry Mancini (Der Rosarote Panther) oder Hans Zimmer (Circle of Life) längst Musik Klassiker sind. Und damit waren sie bei diesem Konzert von Vaduz Classic am richtigen Ort.

Große Stimmen, große Filme

Dirigent Kevin Griffiths liebt Filme. Das war an diese Abend deutlich zu spüren. Er wurde übrigens von Disney Studios Hollywood als einer von wenigen dafür akkreditiert, die Originalmusik live zum Film zu begleiten. Zudem dirigierte er die Weltpremiere von «The Hunger Games», die Europa Premiere von «La La Land» und James Bond «Casino Royal» im Rahmen von «City Light Concerts». Ein echter Crack also für dieses Konzert: Seine Begeisterung übertrug er auf das Sinfonieorchester Liechtenstein, das mit Leidenschaft aufspielte. Auch die drei Solisten trugen einen großen Teil zum Vergessen des misslichen Wetters bei. Allen voran die Liechtensteiner Sopranistin Sarah Längle, die mit ihrer Arie aus Donizettis Lucia di Lammermoor, die dann zu «Diva Dance» aus dem Film das fünfte Element» wurde, begeisterte. Später zog sie bei dem Song «Your Love» aus dem Film «Once upon a time in the West» ihr Publikum mit ihrer sicher geführten und kraftvollen Stimme erneut in den Bann. Die zweite Liechtensteinerin Nadia Maria sang mit viel Power den Titelsong aus James Bonds «Skyfall». Damit holte sie sich vor einigen Jahren bei der Fernsehsendung  «Die größten Schweizer Talente» den Goldenen Buzzer. Inzwischen schloss sie ihren Master in Performance und Minor in Jazz an der Musikakademie Basel mit Auszeichnung ab. Eine Stimme, die noch viel verspricht.

Wenn Musik nicht nur das Herz wärmt

Der dritte Solist war der Stargast des Abends Lebo M. Der südafrikanische Komponist, Produzent und Musiker wurde durch seine Arbeit im Film «König der Löwen» berühmt. Seine Stimme hört man als Erstes während des Films, bei Vaduz Classic hörte man seine Stimme auch als Letztes. Er sang sein berühmtes «Nants ingonyama bagithi Baba Sithi uhm ingonyama» und rasch wurde klar, dass diese Stimme nicht nur den Disney-Film prägte, sondern mit seiner magischen Ausstrahlung unvergesslich bleibt. Mit seinem «Circle of Life» brachte er – gemeinsam mit dem Swiss Gospel Chor und dem Sinfonieorchester Liechtenstein etwas vom heißen African Feeling in die frische Vaduzer Nacht. Das Publikum war begeistert und gab standing ovations, wozu die  Plastikumhänge magisch raschelten.

Für das Abschlusskonzert «Casino Royale in Concert» am Sonntag mit dem Dirigenten Kevin Griffith und dem City Light Symphony Orchestra sind noch Karten an der Abendkasse erhältlich. Das geplante Konzert Luka Šulić, Cello & Piano mit Evgeny Genchev wurde auf den 6. November verschoben und wird dann im trockenen Vaduzersaal stattfinden.

www.vaduzclassic.li