Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Silvia Thurner · 21. Nov 2015 · Musik

Wenn das Lachen im Hals stecken bleibt – Das Talea Ensemble brachte mit Steven Kazuo Takasugis „Sideshow“ die Atmosphäre eines Spooky Parks in die Remise

Die Bludenzer Tage zeitgemäßer Musik sind immer für Überraschungen gut und ermöglichen Begegnungen mit Komponisten und Musikern, denen man sonst im näheren Umkreis nicht begegnet. So bot auch der Eröffnungsabend ein spezielles Konzerterlebnis mit einer theatralisch-musikalischen Performance des amerikanischen Komponisten Steven Kazuo Takasugi sowie dem Talea Ensemble aus New York. „Sideshow“ für verstärktes Oktett und Zuspiel in fünf Sätze nach einem Text von Karl Kraus führte das Publikum in eine absurde Welt voller Doppeldeutigkeiten und hielt eine bewundernswerte Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit. Die schauspielenden Musikerinnen und Musiker des "Talea Ensembles" leisteten bei der Uraufführung dieses speziellen Werkes Großartiges.

Steven Kazuo Takasugi schöpft seine Musik aus einem großen Kosmos von aufgezeichneten Schallereignissen, die er höchst kunstvoll mit realen Instrumentalklängen verknüpft. Dabei spielt er mit Erwartungshaltungen und schafft eine Doppelbödigkeit, die die Zuhörenden unmittelbar in ihren Bann zieht. Für eine derart komplexe Werkanlage benötigt Steven Kazuo Takasugi außerordentliche Musiker, die nicht nur ihre Instrumente auf höchstem Niveau beherrschen, sondern auch im Hinblick auf Mimik und schauspielerische Ausdruckskraft viel zu bieten haben. Die Mitglieder des „Talea Ensemble“ aus New York vereinen genau diese Qualitäten und sie machten „Sideshow“ zu einem eindringlichen Erlebnis.

Animalisch und marionettenhaft


Ausgangsgedanke für den Komponisten waren „die dunklen Schaubuden in den Vergnügungsparks von Coney Island im frühen 20. Jahrhundert“. Sechs Jahre lang hat Takasugi an seinem vielschichtigen Werk gearbeitet. Die Komplexität war der Komposition jedoch nicht anzumerken, denn die formale Anlage war klar und gut nachvollziehbar gestaltet. Die musikalischen Bilder, verbunden mit der optisch darstellerischen Ebene führten in ein absurdes Theater, in dem die Musiker teilweise wie Marionetten agierten und über viele Strecken irritierend animalische Züge annahmen. Vielgestaltige raue und kehlige Klänge und Knackgeräusche, Atem, Vokallaute, perkussive Passagen sowie gleißende Klangbänder verliehen der Musik einen abwechslungsreichen Sprachcharakter.

Im Kern bestand der Reiz dieses Spiels aus akustischen Täuschungen, vorgegaukelten Erwartungshaltungen und paradoxen Missverhältnissen zwischen den live spielenden Musikern und dem tatsächlich Gehörten. So entwickelte sich ein komplexes Klangtheater, das unterschiedlichste individuelle Erfahrungsebenen zuließ.

Einzigartige Interpreten


Wohl kaum ein anderes Ensemble ist in der Lage, dieses Werk so präzise und glaubhaft zu interpretieren wie das Talea Ensemble. Sehr genau reagierten die Musikerinnen und Musiker mit ihrer Mimik auf die Zuspielungen und verknüpften die elektro-akustische Ebene mit den realen Instrumentalpassagen zu einem virtuosen Ganzen. In dieser Meisterschaft entwickelte sich die Doppelbödigkeit aus Realem und Fiktivem, die oft witzig wirkte, jedoch als Ganzes betrachtet – manchmal erst im Nachhinein - die tieferen Verständnisschichten offen legte.