Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Peter Füssl · 29. Feb 2020 · Musik

„We are a very dramatic band“ - Lola Marsh begeisterten am ausverkauften Spielboden

Dass der Dornbirner Spielboden ausverkauft ist und schon eine Stunde vor Konzertbeginn Leute vor der Kassa anstehen, um vielleicht doch noch eine der nicht abgeholten Karten ergattern zu können, das kommt nicht allzu oft vor. Israels derzeit erfolgreichster Pop-Export Lola Marsh, kann nach zwei Alben auf stolze 40 Millionen Streams verweisen und verfügt also auch hierzulande über eine beachtliche Fanbase – immerhin war ihr letzter Hit „Hold On“ heuer auch wochenlang im Spitzenfeld der FM4-Charts platziert. Die Erwartungen waren also einigermaßen hochgesteckt und wurden mit einem fulminanten Auftritt der sympathischen Band voll erfüllt.

Meimuna – eine ganz spezielle Vorband

Zuerst soll aber noch die Rede von der 24-jährigen Schweizer Singersongwriterin Cyrielle Formaz aus dem Wallis sein, die gemeinsam mit dem Gitarristen Erik Bonerfält als Duo Meimuna die undankbare Aufgabe einer Vorband zu bestreiten hatte. Die auf Französisch gesungenen ätherischen Folk-Pop-Songs gewinnen dank Formaz‘ außergewöhnlicher Stimme etwas unglaublich Intimes und Magisches – als Einflüsse nennt sie unter anderem Baudelaire, Verlaines und Patti Smith. Auch das Zusammenspiel der beiden Gitarren – Formaz spielte eine akustische Gitarre, ihr Partner eine halbakustische Jazzgitarre – hatte durchaus seine Reize. Leider quatschte die Hälfte des Publikums gedankenlos drauflos, bis die Sängerin freundlich um Ruhe bat, da sie sich selber nicht mehr höre. Dafür erhielt sie den dankbaren Applaus der Musikinteressierten – wie gerne hätte man den Störenfrieden selber die geschwätzigen Mäuler gestopft!

Eine unterhaltsame Reise durchs Dream-Pop-Indie-Folk-Land   

Seit 2011 basteln die Sängerin Yael Shoshana Cohen und Gitarrist/Multiinstrumentalist Gil Landau unter dem Namen Lola Marsh an einer gemeinsamen Karriere, bei Konzerten wird das Duo regelmäßig mit Drummer, Bassist und Keyboarder zum Quintett erweitert. So auch am Spielboden, wo sie den gelungenen Auftakt einer ausgedehnten Tournee kreuz und quer durch Europa feierten – das werde wohl als ihre „Corona-Tour“ in die Geschichte eingehen, vermerkte Cohen mit einigem Galgenhumor. Musikalische zeigten sie sich jedenfalls völlig hysterie- und virenresistent und starteten das Programm gleich mit dem bereits erwähnten, stimmungsvollen „Hold On“, der bereits alles enthält, was den Reiz von Lola Marsh ausmacht: eingängige Melodien, interessante Rhythmen, kluge Arrangements und eine gefangennehmende Stimme. Darauf folgten weitere Songs vom aktuellen Album „Someday Tomorrow Maybe“, etwa das folkige, an Simon and Garfunkel erinnernde „Strangers On The Subway“ oder das lässig swingende „Only For A Moment“ – ein gnadenloser Ohrwurm, der zum Fingerschnippen einlädt.

... von einer professionellen Animateurin angeleitet

Die optisch an die junge Penélope Cruz erinnernde Yael Shoshana Cohen war bestens gelaunt und zu allerlei Späßchen aufgelegt: so focht sie mal kurz jedimäßig mit einem neonleuchtenden Lichtschwert oder stellte dem Publikum ihren lästigen Pickel namens „Billie“ vor, der sich seit dem Morgen auf ihrer Wange breitmache (ob das eine ironische Anspielung auf Billie Eilish sein sollte, konnte nicht eruiert werden). Vor allem erwies sich die Sängerin aber auch als äußerst geschickte Animateurin, die dem Publikum in Windeseile beibrachte, Refrains mitzusingen oder mitzupfeifen, raffinierte rhythmische Muster mitzuklatschen oder ihre Tanzschritte mitzutanzen. Im Mittelteil des regulären Programms waren dann Songs vom 2017er-Debütalbum „Remember Roses“ zu finden. Tobenden Applaus gab es nicht nur für den bislang größten Hit der Band „Wishing Girl“ mit seinem gepfiffenen Intro, eine ziemlich rockige Version des Ohrwurms „You’re Mine“ oder die Fingerpicking-Balladen „She’s A Rainbow“ und „Bluebird“. Auf dieses Intermezzo folgten wieder Songs vom aktuellen Album. Beim sanft startenden, sich hypnotisch steigernde „What Am I“ sprach Cohen von „amazing energies“ – die waren natürlich das ganze Konzert hindurch permanent zu spüren. Die darauf folgenden „Give Me Some Time“ und „Darkest Hour“ könnten auch Lana Del Rey-Hits sein, mit ihr wird Cohen ja öfters verglichen, was durchaus als Kompliment verstanden werden soll. Als letztes Stück kam dann noch „Echoes“, zu dem es ein geniales Video gibt, in dem alles über die Coolness von Lola Marsh ausgesagt wird. Retro und trotzdem absolut heutig, unglaublich eingängig und trotzdem raffiniert, verträumt, melancholisch, beschwingt, voller Lebensfreude. Wie geschaffen als Soundtrack für einen Spaghetti-Western oder um eine Gewaltorgie von Quentin Tarantino musikalisch zu konterkarieren.

Kein Mangel an guten Songs

Zu Zugaben ließ sich die bestens gelaunte Band in ihrer Spielfreude nicht lange bitten. Mit „Strangers On The Subway“ (Simon and Garfunkel pur!) und dem stimmungsvollen, mit Erinnerungen der Sängerin an Afrika, wo sie aufgewachsen ist, gespickten Love-Song „In Your Eyes” holte man das Publikum etwas vom Energielevel herunter, ehe man es mit einer spannungsgeladen entspannten, rockig dramatischen Version von „Hometown“ in die Nacht hinaus entließ. Ein begeisternder Abend, an dessen Ende man nur zufriedene Gesichter sah.

Setlist am Spielboden:
Hold On
Strangers On The Subway
Waitress
Only For A Moment
Wishing Girl
You’re Mine
She’s A Rainbow
Bluebird
What Am I
Give Me Some Time
Darkest Hour
Remember Roses
Where Are You Tonight
Echoes

Strangers On The Subway
In Your Eyes
Hometown

Weitere Konzerttermine finden Sie auf www.lolamarsh.com