Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Fritz Jurmann · 17. Jän 2019 · Musik

Vor der „Fidelio“-Premiere am Landestheater: Ein Blick hinter den Vorhang

Auf großes Interesse der Opernfreunde im Land gestoßen ist eine besondere Initiative des Landestheaters. In der sechswöchigen Probenzeit für die jährliche Opernproduktion gemeinsam mit dem Symphonieorchester Vorarlberg wurde eine zumindest für diese Einrichtung neue Form der Musikvermittlung für das Publikum gefunden. Zum ersten Mal hat man für Beethovens Oper „Fidelio“, deren Premiere am 1. Februar im Theater am Kornmarkt bevorsteht, öffentlich zugängliche Proben angeboten. In dieser „Opernwerkstatt“ soll interessierten Zusehern vorab Einblick in die Vorbereitung dieses umfangreichen Opernprojektes ermöglicht werden, ebenso vermittelt dabei auch das Leading-Team seine Ideen.

Die erste Probe vor Publikum fand bereits im Dezember statt, als das Projekt noch in den Anfängen steckte. Am Mittwoch, beim zweiten Termin, war das Ganze schon sehr viel weiter gediehen, steht doch in gut zwei Wochen bereits die Premiere ins Haus. Freilich findet auch dieser neuerliche Blick hinter den Vorhang noch im Theater Kosmos statt, das dem Landestheater als ideale Probebühne dient. Es wird  auch noch ohne Kostüm und Maske gespielt, und anstelle des Orchesters werkt der wackere Korrepetitor André Callegaro am Klavier. Dafür gibt es hier bereits ein letztes Feilen an Details und damit jede Menge „Work-in-Progress“-Atmosphäre für die Zuhörer, die die Ränge im „Kosmos“ zur Gänze füllen.

Gut zwei Wochen vor der Premiere

Und da ist jetzt auch schon vieles von dem erkennbar, was im Endprodukt einmal das musikalische und szenische Profil dieses Werkes ausmachen soll: die Umsetzung von Beethovens Musik durch den vom Vorjahr mit Donizettis „Don Pasquale“ bekannten jungen deutschen Dirigenten Karsten Januschke und das Regiekonzept des erstmals hier tätigen, namhaften deutschen Schauspiel- und Opernregisseurs Henry Arnold für diese Freiheitsoper, die manchem Zuseher wohl noch von der spektakulären Inszenierung durch David Pountney mit der riesigen weißen Wand auf der Bregenzer Seebühne in den Jahren 1995/96 in Erinnerung geblieben ist.      

Im Zentrum steht an diesem Abend eine Arbeitsprobe mit dem von Benjamin Lack einstudierten, gut 20-köpfigen Bregenzer Festspielchor, der im Finale der Oper das jubelnde Volk repräsentiert. Vor einfachen Versatzstücken brechen die Sängerinnen und Sänger nach Beethovens klassischer Vorlage immer wieder in die berühmten „Heil!“-Rufe aus und bejubeln damit den Minister, dessen Erscheinen als oberste Instanz der Handlung die entscheidende Wendung zu den Idealen der Gerechtigkeit und Humanität gibt. Der zu Unrecht aus politischen Gründen inhaftierte Florestan wurde zuvor durch eine List seiner Gattin Leonore befreit, die sich in Männerkleidern unter dem Namen Fidelio ins Gefängnis eingeschlichen hat, der Bösling Don Pizarro wird nun zur Rechenschaft gezogen.

Mit aller Kraft und Leidenschaft

Dieses auch körperliche Niedermachen des aus Südkorea stammenden Darstellers durch die Chorleute geschieht mit so großer Kraft und Leidenschaft, dass beim ersten Mal zunächst einmal alle in Gelächter ausbrechen und sich kaum mehr einkriegen können. Die Szene wird abgebrochen, muss wiederholt werden. Das zeigt, wie hier ebenso locker wie konzentriert gearbeitet wird, auch mit kleinen Witzchen zwischendurch. Man spürt die gute Stimmung und eine Begeisterung, die  auch den letzten Chorsänger erfasst hat.

Regisseur Henry Arnold, der die Bühne aus der Zuschauerperspektive betrachtet, ist gleich mittendrin in der Volksmenge und gibt detaillierte Anweisungen. Karsten Januschke, der an einem Pult vor der Partitur sitzt und die Sänger wie den Pianisten dirigiert, hat auch noch dies und jenes musikalisch auszusetzen. Beim zweiten Mal funktioniert es dann schon besser, aber es gibt noch ein drittes Mal, wie beim Film: Klappe, die dritte! Erst dann ist die Szene „im Kasten“, sind die Verantwortlichen zufrieden, und alles mündet zusammen mit den anwesenden Solisten zu einem strahlenden Finale voller Kraft und Glanz.

Flüchtlingsthema subtil abhandeln

Nach einer kurzen Erholungspause geht die Probe drinnen weiter, im Foyer werden die verbliebenen Zuhörer von Dramaturg Ralph Blase über Hintergründe des Werkes und der Inszenierung aufgeklärt. Dirigent Januschke hat bereits im Vorfeld verlauten lassen, dass er Beethoven in fast mozartisch empfundener Schlankheit des Klanges realisieren möchte und sich auf die Zusammenarbeit mit dem SOV freut. Immerhin steht er auf der Shortlist möglicher Kandidaten für die nach dem Abgang von Gérard Korsten vakant gewordene Chefposition. Henry Arnold gesteht ein, dass man in einer Befreiungsoper wie „Fidelio“ als Regisseur heute nicht am Thema Flüchtlinge vorbeikommt. Er will das aber, ohne direkten Bezug zur aktuellen politischen Realität, weit subtiler abhandeln, über das Kernthema der Oper mit der Frage, was Freiheit, bzw. Unfreiheit für jeden einzelnen von uns bedeutet.

Ein ausführliches Interview mit Karsten Januschke und Henry Arnold ist in der Februar-Druckausgabe der KULTUR enthalten, die Ende Jänner erscheint.

Opernsoiree mit Einführung und musikalischen Ausschnitten: So, 20. Jänner, 17.00 Uhr, ORF Funkhaus Dornbirn (Anmeldungen unter vbg@orf.at oder 0 55 72 / 301)
Premiere: Fr, 1. Februar, 19.30 Uhr, Landestheater am Kornmarkt, Bregenz
Neun weitere Vorstellungen: Di, 5., Do, 7., Sa, 9., Fr, 15., Mi, 20., Fr, 22. Februar, jeweils 19.30 Uhr; So, 3., So, 17., So, 24. Februar, jeweils 16.00 Uhr; Einführungen jeweils 19.00 Uhr bzw. 15.30 Uhr (Karten unter ticket@landestheater.org)