Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 08. Mai 2015 · Musik

Von der kleinen in die große Form – Werke von Schubert und Zemlinsky neu instrumentiert von Richard Dünser bei „Dornbirn Klassik“

Die „Kammersymphonie Berlin“ und ihr musikalischer Leiter Jürgen Bruns gastierten mit einem vielversprechenden Programm bei der Abonnementreihe „Dornbirn Klassik“ im Kulturhaus. Erstmals in Vorarlberg waren Kammermusikwerke von Zemlinsky und Schubert in der Instrumentation von Richard Dünser zu hören. Während die Klangfarbenvielfalt von Zemlinskys „Kammersymphonie“ begeisterte und die Bearbeitungen von Schuberts Klavierstücken D 946I/II überraschten, überzeugte das Orchester wegen seiner eher unpräzisen Spielart nicht ganz.

Der Komponist Richard Dünser hat ein besonderes Faible für die Kunst der Instrumentation. So nahm er sich während einer Schaffensphase vor, Alban Bergs Klaviersonate op. 1 zu instrumentieren. Etwa zur gleichen Zeit entwickelte sich eine Nachfrage nach Kompositionen für Kammerensemble bzw. Kammerorchester aus der Zeit der zweiten Wiener Schule. Diese „Marktlücke“ schloss Richard Dünser, indem er im Laufe der vergangenen Jahre zahlreiche Kompositionen bearbeitete, die ihm etwas zu sagen haben. Die weitsichtige Programmplanung von Roland Jörg machte es nun möglich, zwei von Richard Dünser bearbeitete Werke von Alexander Zemlinsky und Franz Schubert im Rahmen von „Dornbirn Klassik“ zu hören.

Das ganze Spektrum der Gefühle


Alexander Zemlinskys zweites Streichquartett ist ein Mammutwerk, das auf einem sehr stringent gearbeiteten musikalischen Satz beruht. Ständig neu entwickelte Variationen aus einem Kernmotiv und daraus herauskristallisierte Themen sowie leidenschaftlich bewegte, langsame Passagen bilden die Essenzen dieses Werkes. Alle seine Gefühle für die geliebte Alma Mahler, die sich für einen anderen entschieden hatte, projizierte Zemlinsky in diese Musik. Richard Dünser ist es mit seiner durchdachten Instrumentierung gelungen, aus dem Streichquartett eine voll gültige Kammersymphonie mit einem eigenständigen Werkcharakter zu generieren. Der Clou liegt in der besonderen Besetzung des Klarinettenregisters mit Klarinetten in Es und B, Englischhorn und Bassetthorn. In Verbindung mit den anderen Holzbläsern sowie Horn entfalteten sich Stimmungsbilder und Klangfelder, die immer wieder aufhorchen ließen und begeisterten. So entwickelte sich das komplexe Werk abwechslungsreich und mit transparent nachvollziehbaren Linien, Konfrontationen und Dialogen.

Die Orchestermusiker der „Kammersymphonie Berlin“ unter der Leitung von Jürgen Bruns fanden erst allmählich in die Musik, nach einem zögerlichen Beginn und einigen koordinatorischen Schwierigkeiten. Am besten gelang die reflektierende Schlusspassage, in der die Musik wirkungsvoll wegdriftete.

Weich fließend und leicht betulich


Schuberts Klavierstücke D946 I/II kannten wohl viele Konzertbesucherinnen und –besucher aus der eigenen Musizierpraxis. Vor allem diese Spätwerke Schuberts zeichnen sich durch fantasiereiche Themenfindungen und ungewöhnliche Verarbeitungsarten aus. Die vom Klaviersatz ausgehenden schroffen Klippen und Kanten verströmen eine große Kraft. Richard Dünsers Instrumentation verlieh den Klavierstücken einen anderen Charakter. In der Orchesterfassung wirkten die Themenführungen weich und fließend. Besonders die Terzenseligkeiten wurden ausgekostet und harmonische Modulationen mit vielerlei Instrumentalfarben unterstrichen. Entstanden ist eine tänzerische Unterhaltungsmusik, die abschnittweise etwas betulich wirkte. Vielleicht lag die Beschaulichkeit auch an der Interpretation der „Kammersymphonie Berlin“ und Jürgen Bruns. Im Hinblick auf exakte Linienführungen und dynamische Bögen gelang diese Werkdeutung zwar besser als Zemlinskys Kammersymphonie, jedoch trübten Intonationsschwierigkeiten den positiven Gesamteindruck.

Abschließend wendete sich das Orchester Mozarts berühmter Symphonie Nr. 40 in g-moll, KV 550 zu. Die Musik erklang mit zügigen Tempi, einer guten Pianokultur, bewusst zelebrierten Ruhepolen sowie einem Augenmerk auf die Rhythmik der Themengestalten. Insgesamt hinterließ die Spielart des Orchesters jedoch einen eher inhomogen Eindruck.