Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Silvia Thurner · 23. Sep 2021 · Musik

Vom Austausch von Kompositionsideen zu einem höchst willkommenen Festival – die Konzertlesung von „onQ 21“ begeisterte im vorarlberg museum

Die Corona-Lockdowns 2020 und 2021 bedeuteten für fast alle Künstlerinnen und Künstler eine brotlose Zeit. Doch fehlende Konzertverpflichtungen brachten auch Freiraum mit sich, der bei vielen die künstlerische Kreativität ankurbelte. Ein herausragendes Beispiel ist das derzeit stattfindende Festival „onQ“. Der Kontrabassist Tobias Vedovelli hat es zusammen mit dem Pianisten Mike Tiefenbacher und der Mediengestalterin und Musikerin Nora Dejaco ins Leben gerufen. Im vorarlberg museum präsentierten sie nun mit befreundeten Musiker:innen im Kollektiv entstandene Kompositionen. Die Werke bestachen durch ihre vielfältigen musikalischen Zugänge und mischten zudem die Musik mit Lyrik von Sarah Rinderer auf.

Im vergangenen Jahr tauschten der Kontrabassist Tobias Vedovelli und der Pianist Mike Tiefenthaler musikalische Ideenfindungen aus, komponierten sie weiter und erarbeiteten gemeinsame Werke. Die musikalische Kommunikation mit weiteren Kolleg:innen nahm rasch Fahrt auf und so entstand ein Kollektiv von bis zu dreißig Musiker:innen. Die gegenseitige Inspiration war enorm und zahlreiche Kompositionen sind entstanden. Nun werden einige Werke einem breiteren Publikum im Wiener „Porgy & Bess“ sowie an mehreren Orten in Vorarlberg präsentiert.
Im vorarlberg museum spielten Viola Falb und Leonhard Skorupa (Saxofon und Bassklarinette), David Soyza (Vibraphon), Mike Tiefenbacher (Klavier), Tobias Vedovelli (Bass) und Martin Grabher (Drumset) im Sextett und präsentierten ihre Musik, die sich durch eine große stilistische Bandbreite auszeichnete. Dass Künstler:innen aus unterschiedlichen musikalischen Metiers zusammengefunden haben, wertet die Kompositionen auf, die aus einer guten Mischung aus neuer Kammermusik, Jazz sowie Improvisation bestehen. Gleich im ersten Stück „Silver Linings“ sowie in der „Cello-Suite“ kam dies gut zum Ausdruck. Eines der spannendsten Stücke des Abends war „Yes, I’m paranoid — but am I paranoid enough?“, wohl bezugnehmend auf den amerikanischen Autor David Foster Wallace und dessen Roman „Infinit Jest“. Aus schwebenden Klavierrepetitionen entwickelten die Musiker eine vibrierende Klangfläche. Allmählich wurde der musikalische Fluss beschleunigt bis sich schließlich im Saxofon ein pointiertes Thema herauskristallisierte. Doch dieses löste sich unvermittelt auf und wurde wieder in eine pulsierende, farbenreiche Klangfläche übergeführt.
Aufhorchen ließ überdies der Trauermarsch mit dem sinnigen Titel „Trauerspaß“. Das Werk wurde mit einem lyrischen Saxofonlied eingeleitet. Spannend fächerten die Musiker die Melodie auf, führten eine prägnante Marschtrommel ein und mutierten den Klangfluss mit glissandierenden Klängen und modalen Floskeln in arabisch anmutende Klangwelten.

Wort und Musik im Dialog miteinander

Im zweiten Set trat die Literatin und Künstlerin Sarah Rinderer in einen Dialog mit dem onQ-Sextett. Sie trug lyrische Texte vor, in denen sie unter anderem Assoziationen mit Island, dem nordatlantischen Ozean, Nordlichtern und Stürmen sowie Tourismus auslotete. Mit wenigen Worten stellte sich eine sinnliche Atmosphäre ein, denn markant formulierte Gedanken, wie „die kursive Handschrift der Gräser im Wind“, „tagsüber stillelos“, „eine Möwe trägt ein Krokodil fünfzehn Seemeilen in die Weite“ oder „die eigenen Ränder gegen den Wind lehnen“ evozierten sofort Bilder im Kopf. Verbunden mit den Angaben von Längengraden und Farben schuf Sarah Rinderer zudem so etwas wie bestimmte „Temperaturen“ für ihre kurzen Texte.
Jeweils zwischen die von der Autorin vorgetragenen Verse spielten und improvisierten die Musikerin und die Musiker im Sextett. Doch vor allem am Beginn und am Schluss fanden sie dafür keinen optimalen Ausdruck, denn die musikalischen Darbietungen wirkten zu aufgeregt und dominant für die naturhaften und feinsinnigen literarischen Texte. Im Mittelteil jedoch stellte sich eine stimmige und vielschichtige Kongruenz zwischen Sprache und Musik ein.

Weitere Konzerte des onQ-Festivals
23.09. Theater am Saumarkt | Feldkirch
24.09. Spielboden | Dornbirn
25.09. Theater am Saumarkt | Feldkirch
www.onq21.com