Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Silvia Thurner · 16. Okt 2019 · Musik

Viele Seiten des Lebens eindrücklich erlebbar gemacht – Bruno Oberhammer an der Orgel und der Bassbariton Clemens Morgenthaler

„Wege zu Bach“ nennt der Organist und Komponist Bruno Oberhammer eine Konzertreihe, die er für die Rieger-Orgel der Pfarrkirche Höchst konzipiert. Das zwölfte Konzert kreiste unter dem Leitgedanken „Vita et Mors“ rund um die Fülle des Lebens und den dazu gehörenden Tod. Die Aufmerksamkeit lenkten unter anderem Werke von Gerold Amann, Robert Nessler sowie eine Eigenkomposition von Bruno Oberhammer auf sich. Mit der Motette „Die Seelen der Gerechten“ von Joseph Gabriel Rheinberger und insbesondere als Sprecher der berühmten Todesfuge von Paul Celan in Oberhammers Komposition „Passio“ begeisterte der Bassbariton Clemens Morgenthaler.

Die „Todesfuge“ von Paul Celan beschäftigte den Organisten und Komponisten Bruno Oberhammer über viele Jahre hinweg, denn er suchte nach einer Form, dieses berühmte Gedicht im Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungslager zu vertonen. Gefunden hat er diese, indem er die von Celan so ergreifend formulierten Gegensätze zwischen Grauen und poesievoller Leidenschaft, ton- und klangmalerisch unterstrich und dem Text durch ausgeklügelte Registerfarben und Zusammenklänge jeweils eine charakterisierende Atmosphäre unterlegte. Eine herausragende Rolle nahm der Rezitator Clemens Morgenthaler ein. Er interpretierte den Text von der Warte des Sängers. Mit vielfältigen stimmlichen Nuancen bildete er die expressiven Gegenüberstellungen aus und entfaltete damit die zahlreichen Chiffren im Text und dessen beklemmende Wirkung höchst eindrücklich und vielgestaltig.

Lebensquellen und Sterben

Das eindringliche Werk „Exitus“ von Gerold Amann beruht auf einer Transkription der letzten Minuten einer sterbenden Frau, indem der Puls, die Herzfrequenz und der Atem bis zum Eintreten des Todes nachgezeichnet erklingen. Dabei bildeten sich Linienverläufe, Motive und Zusammenklänge aus, die Bruno Oberhammer durch seine klare Registrierung und sein transparentes Spiel feinsinnig erlebbar machte.
In Erinnerung an seinen Kompositionslehrer Robert Nessler spielte Bruno Oberhammer die für das Konzert titelgebende Fantasie „Vita et Mors“. In seiner Werkdeutung gestaltete der Organist die Entwicklungslinien in einem plastisch aufgebautem Erzählfluss, vom sprudelnden Leben bis hin zu einem in sich ruhenden Klanggrund. So kamen die farbenreichen, auch expressionistischen musikalischen Bilder hervorragend zur Geltung.

Tonsymbolik und romantische Tonsprache

Der gregorianische Choral „Victimae paschali laudes immolent Christiani“ bereitete den Boden für die unmittelbar daran anschließende Toccata und Fuge in F-Dur von J. S.  Bach (BWV 540). Im groß angelegten ersten Teil betonte der Organist die mächtig aufstrebende Wirkung. Im Kontrast dazu bestimmte das chromatische Hauptthema den Charakter der Fuge.
Anschaulich formten Clemens Morgenthaler und Bruno Oberhammer die Affekte in „Ich liege und schlafe“ aus den kleinen geistlichen Konzerten von Heinrich Schütz aus. Joseph Gabriels Rheinbergers Motette „Die Seelen des Gerechten, sie sind in der Hand Gottes“ entfaltete der Bassbariton mit einem fein zurückhaltenden romantischen Ton. Franz Liszts etwas an Überlänge leidenden Variationen über den Basso continuo in Bachs Kantate „Weinen, Klagen, Sorgen Zagen“ boten Bruno Oberhammer überdies die Gelegenheit, musikalisch emotionale Bilder in symbolträchtig deutenden Motiven und Tongebungen darzustellen.