Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Silvia Thurner · 19. Okt 2019 · Musik

„Musik in der Pforte“ erwies der österreichischen Komponistin Maria Bach die Reverenz und sorgte für Jubelstimmung

Seit Jahren ist es Klaus Christa ein Anliegen, vergessenen Komponistinnen und deren Werken eine Bühne zu bieten. Durch sein Engagement erfährt der Bratschist und künstlerische Leiter der Konzertreihe „Musik in der Pforte“ auch international Anerkennung. So produziert der Südwestdeutsche Rundfunk mit den Pforte-Musikerinnen und -musikern eine neue CD, auf der Werke der österreichischen Komponistin Maria Bach eingespielt werden. Zwei Quintette von Maria Bach, entstanden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, interpretierten Christine Busch und Elene Meipariani (Violine), Klaus Christa (Viola), Mathias Johansen und Conradin Brotbek (Violoncello) sowie Akiko Shiochi am Klavier im Festsaal des Landeskonservatoriums. Darüber hinaus sang der Kammerchor Vocale Neuburg unter der Leitung von Oskar Egle Lieder von Maria Bach und Johanna Müller-Hermann, die die Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Die Zuhörenden reagierten begeisterten auf die emotionalen Werkdeutungen.

Klaus Christa legt nicht nur als Musiker und künstlerischer Leiter ein enormes Engagement an den Tag, auch als unermüdlich Forschender recherchiert und gräbt er vergessene Nachlässe von herausragenden Komponistinnen aus, darunter auch Maria Bach. Die in eine Künstlerfamilie hinein geborene Musikerin und Komponistin lebte in der Nähe von Wien und war die erste weibliche Studentin des renommierten Komponisten Joseph Marx in Wien. Maria Bach komponierte während des „Fin de siècle“ und bis in die 1950er Jahre etwa 400 Werke, darunter auch 250 Lieder und Chorsätze. Zu ihren Lebzeiten wurden ein paar Kompositionen im Doblinger-Verlag publiziert, darunter auch das sogenannte „Wolgaquintett“ aus dem Jahr 1927.

Der Enorme Einsatz lohnte sich

Nachlassstreitigkeiten hinderten Klaus Christa einige Jahre lang, die in der Musiksammlung der Wienbibliothek im Rathaus liegenden Handschriften von Maria Bach aufzubereiten. Doch seine Hartnäckigkeit war schließlich stärker als Fotografierverbote und formale Rechtsstreitigkeiten. So war es nun auch möglich, ein im Jahr 1936 entstandenes Streichquintett – wahrscheinlich zum ersten Mal aufzuführen.
Maria Bachs kompositorische Sprache zeichnet sich mehrfach aus, sie ist emotional und expressiv, im Hinblick auf die Tongebung mit starken dynamischen Kontrasten versehen. Zahlreiche modale Motive verleihen der Musik auch einen impressionistischen Touch und weiters fällt der archaisch rituelle Charakter der rhythmusbetonten Finalsätze auf. Die leidenschaftlichen melodischen Einfälle sprechen unmittelbar an und sind zupackend und thematisch vielschichtig verflochten.

Energiegeladene und emotionale Werkdeutungen

All diese musikalischen Eigenschaften setzten die Pforte-Musikerinnen und Musiker bei ihrer Werkpräsentation vom ersten Ton an in Szene und zogen damit die Zuhörenden in ihren Bann. Energisch wurden im Eröffnungssatz die Themen miteinander in Beziehungsgesetzt. Die Musikerinnen und Musiker schufen mit gut durchdachten Spielarten zahlreiche Gewichtungen und brachten das dichte thematische Geflecht mit dem Einsatz unterschiedlich schillernder Tonqualitäten zur Geltung. Introvertiert wirkte der mit Dämpfer gespielte Variationssatz, in dem suchende Gesten den spezifischen Klangcharakter unterstrichen. Frappant an Strawinskys rituelle Musik erinnerte der „Sakrale Tanz“ im Finale, den die Musikerinnen und Musiker impulsiv in den Raum stellten.
Eine ebenso eindrückliche Wirkung wie Maria Bachs Streichquintett hinterließ ihr 1927 entstandenes „Wolgaquintett“. Die Musik beruht unter anderem auf der Melodie des Volksliedes der „Wolgaschlepper“. Unmittelbar nachvollziehbar war dieses in der exzellenten Werkdeutung von Christine Busch und Elene Meipariani (Violine), Klaus Christa (Viola), Mathias Johansen (Violoncello) sowie Akiko Shiochi am Klavier. Auch in dieser Werkdeutung kamen die Themengestalten mit markant gesetzten Tonschritten und impulsiv kraftvollen Spielanweisungen hervorragend zur Geltung. Darüber hinaus ergaben stehende Klänge eine große musikalische Weite. Wie ein musikalisches Kaleidoskop wirkte der vielschichtige Variationssatz, Reminiszenzen an vorangegangene Abschnitte sowie perkussive Spieltechniken und viel Chromatik zeichneten das Finale des „Wolgaquintetts“ aus.

Exklusiv einstudierte Chorwerke

Gut ergänzt wurden die beiden gewichtigen Kammermusikwerke mit Chorliedern von Maria Bach. Oskar Egle und die Sängerinnen und Sänger der Vocale Neuburg waren bestens vorbereitet und präsentierten zuerst die beiden Lieder „Maria auf dem Berge“ sowie das „Wiegenlied“ mit differenziert ineinander geführten Stimmen und harmonischen Tonschichtungen. Einen orientalisch sinnigen Charakter verströmte das Volkslied „Die Freundin des Hafis“. Eindrücklich wirkten auch „Erinnerung“ und „Schlaflos“. Diese beiden Lieder stellten den Chor zwar vor große Herausforderungen, doch die Courage der Sängerinnen und Sänger lohnte sich auf jeden Fall.
Die Lieder „Der Vögel Abschied“ sowie „Frühe“ von Johanna Müller-Hermann, einer Zeitgenossin von Maria Bach, sind in ihrer musikalischen Aussage gemäßigt, verströmten aber schöne atmosphärische Stimmungen. Ein Fall für sich stellte die außergewöhnlich gesetzte „Fuge“ nach einem Text aus „Des Knaben Wunderhorn“ dar. Eigentümlich konträre Gegensatzpaare bildeten der musikalische Satz und der humorvolle Text, aber genau deshalb klang das Lied noch längere Zeit nach.