„Sunset Boulevard“ von A.L.Webber in der Inszenierung des Musiktheaters Vorarlberg (Foto: mtvo).
Silvia Thurner · 05. Nov 2018 · Musik

Unverblümt frische Strahlkraft – Standing Ovations für den Landesjugendchor Voices, Oskar Egle und das Trio dri kindsköpf in der Kulturbühne AmBach

Traditionell lädt der Landesjugendchor Voices unter der Leitung von Oskar Egle im Herbst in die Kulturbühne AmBach. Alle, die einmal dabei waren, wissen, dass dort etwas Besonderes geboten wird. Deshalb füllte sich der Saal an zwei Konzertterminen bis auf den letzten Platz. Unter dem Leitgedanken „Connecting voices“ stellten etwa hundert Sängerinnen und Sänger jiddische Lieder und Klezmermusik in den Mittelpunkt ihres vielschichtigen Programms. Alle dargebotenen Lieder versetzten die Zuhörenden in Staunen, denn die Freude am Zusammenwirken, der homogene Chorklang, die deutliche Artikulation und die profilierte Rhythmik begeisterten restlos.

Der Landesjugendchor Voices ist weit über die Landesgrenzen hinaus ein Begriff und höchst erfolgreich. Beim 2. Lorenzo De’Medici International Choral Festival in Florenz heimsten die Sängerinnen und Sänger mit Oskar Egle im Mai 2018 den Gesamtsieg (Grand Prix), drei Mal Gold und einen Zusatzpreis für die beste Aufführung eines zeitgenössischen Stückes ein. 
In der Kulturbühne AmBach war der Bann zum Publikum mit der schwungvollen Begrüßung von Michael Hämmerle sowie dem Lied „Funiculli-Funiculla“ sogleich gebrochen und brachte eine gute Stimmung in den Saal. Unterstrichen wurde diese durch die sympathischen Moderationen von Laura Klocker und Thomas Heinzle.

Bewegung und musikalisches Gestalten

Seine Meisterschaft stellte der Chor in mehrerlei Hinsicht unter Beweis. Bewundernswert präsentierten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen beinahe das gesamte Konzertprogramm ohne Notenmappen in den Händen. Dies ermöglichte einen direkten Kontakt zum Dirigenten und eine Unmittelbarkeit, die sich sofort auf das Publikum übertrug. Voices ist ein Chor in Bewegung, doch nicht um der Bewegung willen, sondern immer der musikalischen Gestaltung dienend. So sind Körperbewegungen stets so konzipiert, dass sie die Darbietungen deuten und sinnvoll ergänzen, hervorragend kam dies unter anderem in „Nyon“ von Jake Runestad zur Geltung. 
Eine gute Intonation, ein ausgeglichener Chorklang über die Stimmregister hinweg sowie eine bewundernswerte Textdeutlichkeiten sind weitere Markenzeichen des Jugendchores. All diese Vorzüge zeichneten unter anderem die Darbietungen des vielschichtig angelegten Werkes „O Notte“ von Francesco Traversi, den Song „Hymn of Axciom“ von Vienna Teng sowie das Spiritual „Witness“ im Arrangement von Jack Halloran aus. Den Höhepunkt stellte das jiddische Lied „Jome, schpil mir a liedele“ dar. Die Temposchwankungen und der lebendige Ausdruck sowie die dynamische Auf- und Abschwünge ergaben eine mitreißende Werkdeutung. 
In Mozarts Satz des Volksliedes „D’Bäurin hat d’Katz verlor’n“ bewies der Jugendchor seine Qualitäten, indem die Themen präzise phrasiert und in einem schönen Wechselspiel zwischen den hohen und tiefen Stimmregistern ausgeformt erklangen. Nach einem rhythmisch geistreich geschärften Arrangement des Liedes „An Vorarlberg“ von Helmut Binder amüsierte das Chorlied „Lä-Vo-Be-rrrr“ von Michael Buchrainer. 

Ideenreich

Faszinierend ist überdies der Ideenreichtum, den die Sängerinnen und Sänger an den Tag legen. So nahmen sie zum Abschluss die jubelnden Konzertbesucherinnen und –besucher in ihre Mitte und tauchten den Saal zum ätherischen Sound „singender Gläser“ erzeugt durch das Reiben des Glasrandes – und einer Collage des bekannten Liedes „Müsle gang ga schlofa“ in ein feinsinniges Klanggewebe.

Singende Instrumente mit Klezmer

Jedes Jahr hält Oskar Egle Ausschau nach einem jungen Ensemble und lädt dieses zum gemeinsamen Singen und Musizieren ein. Dieses Mal engagierte er die dri kindsköpf, das sind der Klarinettist Samuel Eder, der Akkordeonist Benedikt Berktold sowie die Kontrabassistin Angelika Bertel. Alle drei studieren am Landeskonservatorium in Feldkirch und gehen im Ensemble ihrer Leidenschaft für die Klezmermusik nach. Gemeinsam mit Voices ergab dies eine schöne Ergänzung. Insbesondere die Atmosphäre des jiddischen Liedes „Gej ich mir schpazirn“ blieb in Erinnerung. Samuel Eder „sang“ auf seiner Klarinette und kristallisierte die für die jüdische Musik so charakteristischen Klangeigenschaften wie Glissandi oder Spaltklänge schön heraus. Angelika Bertel bot ein verlässliches Fundament und Benedikt Berktold am Akkordeon setzte sich präsent in Szene.

Hervorragende Solistinnen und Solisten

Im zweiten Konzertteil traten zahlreiche Mitglieder aus den Reihen des Jugendchores und begeisterten durch ihr niveauvolles musikalisches Gestalten. „Run to You“ präsentierte das Vokalquintett mit Larissa Schwärzler, Tobias Böhler, David Lins, Benjamin Klocker, Ralf Gisinger klangsinnlich. In Havana von Pentatonix stelllte David Soyza sein Talent im Beatboxing eindrucksvoll unter Beweis. Das schottische Traditional „The Parting Glass“ sang David Lins mit viel Emotion und in „Woods“ von Bon Iver ließen Larissa Schwärzler und Melanie Lerchenmüller mit ihrem warmen Timbre aufhorchen. 
Einen kraftvollen Abschluss boten die Sängerinnen und Sänger sowie das Trio dri kindsköpf und zwei Tänzerinnen mit dem indischen Bollywoodhit „Balleilakka“. 
Alle Fäden liefen beim Mastermind und Dirigenten Oskar Egle zusammen. Sein Wirken und seine musikalische Arbeit mit den Jugendlichen sind höchst professionell und bewundernswert.