Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Silvia Thurner · 28. Mär 2010 · Musik

Unkonventionelle Begegnungen bereichern die Szene enorm - das „NewTonArt“ Ensemble traf im KUB auf Videoinstallationen von Candice Breitz

Der Initiative der Musikpädagogen Petra Stump und Heinz-Peter Linshalm ist das Ensemble „NewTonArt“ zu verdanken. Beide unterrichten an der „Tonart-Musikschule Mittleres Rheintal“ Klarinette. Als überaus engagierte Musiker und Pädagogen sind beide mit ihren MusikschülerInnen schon in Erscheinung getreten, unter anderem beim Wettbewerb „prima la musica“ im vergangenen Jahr. Nun musizierte das Ensemble im Rahmen von Candice Breitz’ Ausstellung im Bregenzer KUB und kreierte ein äußerst stimmiges Gesamtkonzept. Dieses Musikschulensemble schaffte es, was die Bregenzer Festspiele seit Jahren im Rahmen der KAZ-Konzerte im Kunsthaus nicht zustande bringen. Das „NewTonArt“ Ensemble bezog das ganze Haus in ihre Programmgestaltung mit ein. Die ungünstige Akustik wurde als Inspiration gebender Input musikalisch mit einbezogen.

Candice Breitz ist derzeit im Bregenzer Kunsthaus mit der Ausstellung „ The Scripted Life“ zu sehen. Im Erdgeschoss postierten sich die Ensemblemitglieder (Lena Herburger, Flöte; Ursula Weissenbach, Klarinette; Katharina Simma, Bassklarinette; Regina Hug, Posaune; Theresa Pöschl, Kontrabass; Claudia Schreiner, Harfe und Philipp Hofer, Percussion) vor den Monitoren. Wechselnd mit der Bildfolge auf den Bildschirmen erklangen Tonlinien, die im Raum verteilt und durch die hallige Akustik zu Dialogen verschmolzen und eine gut dosierte Spannungshaltung aufbauten. Die unterschiedlichen Charaktere der Spielgruppen und die Bewegung im Raum bis hin zur Schlusswirkung in einer abgeschlossenen Kreisformation zeigten die große Ideenvielfalt des Ensembles.

Duette und Tierkreis

Anschließend begaben sich die zahlreichen BesucherInnen zu den Videoinstallationen „Her“ und „Him“, wo jeweils zwei Klarinettenduette zu hören waren. Donna Wagners „Dialog für zwei Klarinetten“ kam durch das feinsinnige Reagieren der beiden Klarinettistinnen gut zur Geltung. Einen beziehungsreichen Gegensatz dazu bildete „For Albert Ayler für zwei Bassklarinetten“ von Jorge Sánchez-Chiong. Petra Stump und Heinz-Peter Linshalm boten einen virtuosen Schlagabtausch. Angeregt durch diese beeindruckenden Darbietungen fanden sich die Besucher im 2. Stock vor der Arbeit „New York, New York“ ein, wo das „NewTonArt Ensemble“ die Teile „Fische, Stier, Zwillinge, Löwe und Jungfrau“ aus dem Tierkreis von Karlheinz Stockhausen interpretierte. Die Dramaturgie der einzelnen Abschnitte wirkte gut durchdacht. Konzentriert aufeinander hörend und auf die Einzelheiten bedacht nehmend, musizierte das Ensemble unter der Leitung von Heinz-Peter Linshalm. So fanden die einzelnen Instrumentalstimmen und deren Kombinationen mit unterschiedlichen musikalischen Stilmitteln ihre Ausdruckswelten. Candice Breitz’ „Working Class Hero“, einem Chor von Individualisten, die alle gleichzeitig und doch separat Lieder von John Lennon singen, wollte das Musikschulensemble nichts hinzufügen. Das war auch gut so. Die Betrachtung dieser in sich abgeschotteten und doch aufeinander bezogenen, singenden Menschen in vollkommener Vereinzelung, wirkte beklemmend auf mich.

Klangindividuen auf Reisen geschickt

Im Erdgeschoss interpretierten die MusikerInnen das Werk „LEISE REISEN“ von Christoph Herndler. Einer grafischen Notation folgend wurden vereinzelt tropfenförmig angelegte Geräusche im Raum verteilt. Allmählich änderten sich die Tonqualitäten und rhythmische Gestalten huschten durch die Formation, die im Halbkreis aufgestellt war. Atmende Geräusche, Luft und einzelne Reaktionen zwischen den Instrumenten belebten das filigrane Klanggebilde. Darüber hinaus gingen einzelne Töne auf Wanderschaft durch die Ensemblemitglieder, formierten sich zu Tongruppen, Floskeln, erfuhren eine dynamische Steigerung und erstarrten beziehungsweise ebbten zum Schluss hin wieder ab. Das Stück wurde von den SchülerInnen gut nachvollziehbar gespielt, es entwickelte ein Eigenleben.

Der Beginn von etwas Besonderem

„bsundrix“ war auf den T-Shirts der Ensemblemitglieder zu lesen. Diese Bezeichnung trifft in mehrerlei Hinsicht auf die engagierten MusikerInnen zu. Die Auseinandersetzung mit Candice Breitz' Werken und die Konzeption dieses Konzertes sowie die gelungenen Darbietungen waren äußerst beeindruckend. Ich freue mich auf ein Wiederhören.