Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 20. Aug 2020 · Musik

Theater fürs Ohr – vielfältige Hörerlebnisse mit dem Vokalensemble „The Present“ im KUB

Das Vokalensemble „The Present“ machte im Kunsthaus Bregenz die Beziehungen zwischen Sprache und Musik sowie deren Vermittlungsebenen und musikhistorischen Verbindungslinien mit variantenreichen Kompositionen der Renaissance sowie des 20. und 21. Jahrhunderts erlebbar. Johanna Zimmer, Olivia Stahn (Sopran), Amélie Saadia (Alt), Tim Karweick (Tenor) und Martin Gerke (Bariton) boten eindrückliche und humorvolle Werkdeutungen von John Dowland, Claudio Monteverdi sowie Orlando Gibbons und Musik unserer Zeit von Sidney Corbett, Cathy Berberian, Catherine Lamb und Luciano Berio.

„Vocal Distancing – jetzt live!“ lautete das Motto, das die Sopranistin Hanna Herfurter dem Konzert im Rahmen der „Festtage im Festspielhaus“ zugrunde legte. Leider musste sie ihre Teilnahme absagen, an ihrer Stelle sang Johanna Zimmer den Sopranpart. Der Zeit entsprechend, betraten die Sängerinnen und Sänger mit Maske die Bühne und zelebrierten als Ouvertüre ein Reinigungsritual. Erst danach setzten sie Teile aus „a-ronne“ von Luciano Berio mit „Chanter je veux“ von Orlando di Lasso und dem Madrigal „Basciami, basciami mille volte“ von Luca Marenzio in Beziehung und führten die Zuhörenden mitten hinein in ein reizvolles Nebeneinander von melodisch verwobenen Linien in den Renaissancewerken und Berios rhythmisiert verflochtenen Sprachlauten. Weitere Abschnitte aus „a-ronne“ zeigten dessen facettenreiche Kunst auf, aus einem Text musikalisches Material zu generieren und dieses wunderbar gestisch in Szene zu setzen.

Soundtracks

Den Instrumentalpart der Madrigale spielte Lee Santana, er brachte mit Laute und E-Gitarre ein tragfähiges musikalisches Fundament und einen feinen Swing in die Musik ein. Das von Johanna Zimmer solistisch vorgetragene Stück „Gebet“ von Sidney Corbett berührte Grenzbereiche der Sopranstimme in höchsten Lagen, beinhaltete aber nicht viel mehr als Stimmakrobatik. In dieser Hinsicht beeindruckte Martin Gerke viel mehr. Er formte Cathy Berberians Werk „Stripsody“ vergnüglich aus und setzte mit den Soundtracks unterschiedliche Filmszenen in die Köpfe der Zuhörenden.

Fein abgestimmte Tonqualitäten

Das Vokalensemble „The Present“ überzeugte durch den in sich ausbalancierten Stimmenausgleich. Den Sängerinnen und Sängern kam die tragende Akustik im Foyer des Kunsthauses sehr entgegen, so dass sich der Gesamtklang abgerundet mischte. Auch im Werk „Pulse/Shade“ von Catherine Lamb, das innerhalb der Werkfolge nicht optimal positioniert war, kam die Perfektion des Ensembles gut zur Geltung. In Form einer musikalischen Meditation standen sich zwei Stimmgruppen gegenüber und setzten in stoischer Ruhe kurze, akkordisch geschichtete Tonpunkte sowie Tonlinien in den Raum und ließen sie allmählich rotierend driften. Zudem färbten die fein nuancierten Umlaute und deren allmähliche Veränderungen die Tonqualitäten.

Neben diesen Werken, die die Ohren spitzten, gab es auch viel Unterhaltendes. Besonders in Erinnerung blieb das Chancon „Le Chant des Oyseaux“ von Clément Janequin, in dem das Tschilpen und Zwitschern der Vögel sowie die Nachtigall und der Kuckuck lautmalerisch besungen wurden.