Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Peter Füssl · 17. Sep 2015 · Musik

Stille und Ekstase, Poesie und Inferno - Torres im Palace St. Gallen

Für ihr im Mai erschienenes zweites Album „Sprinter“ erhielt die erst 24-jährige Amerikanerin Mackenzie Scott, die sich nach ihrem Großvater Torres nennt, dies- und jenseits des Atlantiks größtenteils hervorragende Kritiken. Dementsprechend gespannt durfte man auf ihren Live-Auftritt im St. Galler Palace sein, das für die höchst eigenwillige Singersongwriterin mit gitarristischen Ambitionen den atmosphärisch ideal passenden Rahmen bot.

Torres wirkt anfangs ein bisschen nervös und eher schüchtern, kommuniziert mit dem Publikum nur zaghaft zwischen den Stücken. Es ist ein weiter, aber faszinierender Weg bis zum letzten Stück, in dem sie – eher ironisch wirkend – die Rampensau rauslässt, während des Gitarrensolos die Bühne entlang läuft und sich in Stadion-Rock-Pose wirft. Dazwischen liegt die musikalische Verarbeitung jener düsterer Erfahrungen, die wohl durch ihre komplizierte Kindheit im bigotten Bible Belt geprägt sein dürften.

Gleichermaßen verstörend wie faszinierend


Ständige Tempo- und Dynamikwechsel spiegeln musikalisch die Ängste, Einsamkeitsgefühle und innere Zerrissenheit, die Torres in ihren an Metaphern reichen, mit Bibelverweisen gespickten Texten schildert, wider. Das kann atmosphärisch ungemein dicht werden, sich kontinuierlich aufbauen von zartem Gitarrengeplänkel zu sich explosionsartig entladenden, rückkoppelungsverzerrten Indie-Rock-Attacken. Stille und Ekstase, Poesie und Inferno – dazwischen vibrierende Spannung, die sich in Torres’ wandlungsfähiger und höchst expressiver Stimme entlädt. Gleichermaßen verstörend wie faszinierend. Surreal wirkende Nachtbilder wie „Son You Are No Island“, sich zu Grunge-Intensität steigernde Songs wie „Strange Hellos“ oder „New Skin“, zart Introvertiertes, das in die Magengrube fährt, à la „Ferris Wheel“ oder „Exchange“ oder der brillante Titelsong „Sprinter“ klingen nicht nur auf der Tonkonserve gut, sondern werden von Torres auch live exzellent dargeboten. Der farbenreich agierende Gitarrist Cameron Kapoor, die an den Keyboards auch die Rolle des Basses übernehmende und die Gesangsparts auffettende Erin Manning und der alles erdende Drummer Dominic Cipolla unterstützen sie dabei perfekt.

Versprechen für die Zukunft


Das eindrucksvolle Konzert im St. Galler Palace machte klar, dass wir es hier mit einem ständig an Fahrt aufnehmenden Supertalent zu tun haben. Falls die kreativen Dämonen die via Nashville nach New York gezogenen Mackenzie Scott nicht verlassen und sie weiter an Bühnensicherheit zulegt, kann da noch ganz Großes entstehen.

(Siehe auch: http://www.kulturzeitschrift.at/kritiken/cd-tipp/torres-sprinter)

Weitere Highlights im Palace St. Gallen
14.10. U.S. Girls
30./31.10. Kilbi im Fall mit Jessica Pratt, Sinkane, Du Blonde, Suuns &                                                                   Jerusalem in my Heart u.a.
11.11. Destroyer
20.11. Algiers
16.12. Robert Forster

www.palace.sg