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Anita Grüneis · 08. Mai 2019 · Musik

Stacey Kent betörte im TAK – the purple dust of twilight time

Das Konzert mit Stacey Kent im TAK wurde zu einem Jazz-Highlight. Die amerikanische Sängerin begeisterte nicht, sie betörte. Das Publikum folgte ihr nahezu atemlos durch ihre Welt der reinen Stimme und der tiefen Emotionen. Doch nicht sie alleine schuf diese Zauberwelt, mit ihr waren dies Jim Tomlinson am Saxophon und der Flöte, Graham Harvey am Klavier, Jeremy Brown am Bass und Josh Morrison am Schlagzeug.

Das Outfit von Stacey Kent war klassisch. Mit ihrem Kurzhaarschnitt, der schwarzen Hose, dem schwarzen Pullover und den Lackschuhen – ein kleines Zugeständnis an die Bühne – wirkte sie so schnörkellos, wie dann auch ihr Gesang war. Sie braucht keine Koloraturen, ihre Stimme ist sauber, stabil und wird sicher geführt. Dass sie dabei trotzdem in andere Welten entführt, liegt an der Musikalität der Sängerin, an ihrer Leichtigkeit und der Verwurzelung in einer nahezu tänzerischen Melodiosität.

Lyrik und Romatik - alles pur

Stacey Kent ist vor allem in lyrischen Texten zuhause, ob sie die Worte auf Englisch, Französisch oder Spanisch singt – immer wird das Gefühl dahinter deutlich. Das spürte auch das Publikum an ihrem Debüt-Abend im TAK. Es klatschte oft nur zögerlich, um die Gespinste, die Stacey Kent mit ihrer Stimme geschaffen hatte, nur ja nicht zu zerstören. „But there will always be a song to tell/A story you and I cannot dismiss/That same old simple story of desire/And suddenly that kiss/That kiss“, singt sie mit ihrer reinen Stimme. Genau diesen Kuss glaubt das Publikum zu spüren, als Stacey Kent die Worte haucht. Dabei wirkte sie schüchtern wie ein Mädchen, verliebt und ein bisschen verloren in ihrer Sehnsucht nach der Liebe. Ihr Hang zur Lyrik wurde auch im Song „The face I love“ deutlich, als sie sang „Just think of things/Like a daffodils/And peaceful sheep/On clover hills …“, das erinnerte doch sehr an die Wordsworth-Zeilen „I wandered lonely as a cloud”.
Stacey Kent ist eine Romantikerin, die ihre Empfindungen mit großer Sorgfalt und auf hohem Niveau mitteilt. Bei ihr gibt es keinen Kitsch, keine Banalitäten. Nur Ehrlichkeit und Stabilität. Wenn sie fragt: „What are you doing the rest of your life”, gibt es darauf nur eine Antwort: „That you spend it all with me“. Dabei liegt so viel Zauber in ihrer Stimme, dass jeder sofort genau das gleiche will, und sei es nur, dass er der Stimme von Stacey Kent gebannt per Kopfhörer lauschen kann.

Ein Leben fast wie im Märchen

Auch die Lebensgeschichte der 51-jährigen Stacey Kent liest sich wie ein Märchen: Als Literaturwissenschaftlerin reiste die Amerikanerin einst nach England und begegnete dort dem Philosophiestudenten und Saxophonisten Jim Tomlinson. Die beiden verliebten sich und Stacey Kent begann plötzlich auch öffentlich zu singen. Jim Tomlinson merkte, dass sein Studium in Oxford doch nicht genau das war, was er wollte. Er setzte voll auf sein Hobby Musik und wurde Saxophonist und Produzent für seine Ehefrau Stacey Kent. Die feine Abstimmung der beiden – und nicht nur der zwei, sondern aller begleitenden Musiker – machten diesen Abend zu einem ganz besonderen Ereignis. Ein Klassiker auf sehr hohem Niveau.