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Anita Grüneis · 13. Feb 2019 · Musik

Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout im Vaduzersaal: Zwei Giganten erzählen Geschichten

Die Cellistin Sol Gabetta und der Pianist Kristian Bezuidenhout gastierten im Vaduzer-Saal im Rahmen der Weltklassik-Konzerte des TAK. Und Weltklassik boten die beiden Musiker denn auch dem Publikum im ausverkauften Saal. Werke von Franz Schubert, Robert Schumann und Ludwig van Beethoven standen auf dem Programm der beiden Ausnahmekünstler. Zur Interpretation dieser Werke spielte Sol Gabetta auf einem der seltenen Violoncellos von Giovanni Battista Guagadgnini aus dem Jahr 1759. Am Hammerklavier saß der 40-jährige Kristian Bezuidenhout, der bisweilen auch als „Kristian Bescheidenheit“ tituliert wird, um seinen südafrikanischen Namen einfacher klingen zu lassen.

Die beiden konzertierten miteinander, als würden sie eben mal beim Tee zusammensitzen. Ihre Leichtigkeit des Seins hatte aber höchste Virtuosität und machte einmal mehr deutlich, dass das technische Beherrschen eines Instruments nur das ABC der Musiksprache ist, dass damit noch kein Satz gebildet, geschweige denn eine Geschichte erzählt ist. Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout aber sind magische Geschichtenerzähler. Immer auf gleicher Augenhöhe kommunizieren sie mit ihren Instrumenten so temperamentvoll und zugleich behutsam, als würden sie sich gegenseitig anfeuern und zugleich beschützen.

Zum Einstieg Schubert

Franz Schuberts Violinsonate op. 137, arrangiert für Violoncello war zum Warmspielen in den Abend perfekt. Nach einem energiegeladenen Einstieg beim Allegro molto folgte ein weiches und fließendes Thema, Erinnerungen an Mozarts Musik wurden wach, vor allem beim Andante zeigte sich das Klavier verspielt, leicht und flirtend, während das Cello breit ausladend und leicht melancholisch antwortete. Beim Allegro Vivace schienen sich die beiden die Töne spielerisch zuzuwerfen, bevor sie die Sonate mit einem klaren Statement beendeten. Ein perfekter Dialog zwischen zwei starken Persönlichkeiten. 

Schumann als Höhepunkt

Zum Höhepunkt des Abends wurden Robert Schumanns „Fünf Stücke im Volkston op.102.“ Der Komponist schrieb diese Stücke 1849, sie sind neben seinem Cellokonzert die einzig erhaltenen Werke, die er original für Cello schrieb. Schumann konnte das Cello selbst spielen, für ihn war es das liebste Streichinstrument. Sol Gabetta machte das überdeutlich.
Ihr expressives und zugleich hoch differenziertes Spiel zeigte bei dieser Sonate alle Schattierungen. Sie reduzierte Schumanns Musik auf ihren Kern und ließ diesen transparent schimmern. Dabei wurde sie von Kristian Bezuidenhout einfühlsam begleitet. Wenn das Cello sang und sich in seiner Klangwelt weit ausdehnte, hohe Räume schuf und sich zu verflüchtigen drohte, dann folgten die Töne des Klaviers, füllten den neu geschaffenen Raum, gaben ihm Struktur. Das tönte bisweilen, als würde ein ganzes Kammerorchester auf der Bühne stehen. Gleichzeitig holten die beiden Virtuosen die Musik von Robert Schumann in die Jetzt-Zeit, vor allem beim letzten Satz begannen die Töne regelrecht zu grooven. Kein Wunder, dass beim Applaudieren begeisterte Pfiffe wie bei einem Popkonzert zu hören waren. 

Beethoven und Chopin

Die folgende Cellosonate Nr. 3 in A-Dur op. 69 von Ludwig van Beethoven wurde zu einer Reise von Cello und Hammerklavier in unentdeckte Welten. Dabei holte Sol Gabetta aus ihrem Cello, wie ein Zauberer aus einem Zylinder, immer wieder neue Töne, die man in diesem Instrument nie vermutet hätte. Das Klangspektrum wurde breiter und tiefer, dazu schuf Kristian Bezuidenhout auf seinem Klavier klare und hammerharte Töne, sie schienen den Celloklängen zu folgen, um sich dann mit ihnen zu vereinen. Das Adagio war kurz und träumerisch, bevor dann ein heftiges Allegro vivace den Schlusspunkt setzte. So temperamentvoll und klangstark war Beethovens Sonate selten zu hören.
Den absoluten Höhepunkt schenkten die beiden Virtuosen ihrem Publikum mit der Zugabe. Eine gefühlvolle, leicht melancholische Sonate von Chopin hielt die Zuhörerinnen und Zuhörer so in Atem, dass sie auch den letzten Ton lange ausklingen ließen. Die Ergriffenheit entlud sich erst nach einer absoluter Stille in heftigem Klatschen. Ein traumhaft schöner Abend voller Zauber war zu Ende.