„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Silvia Thurner · 21. Jul 2020 · Musik

Schubert im Gewand der Folk music – die „Erlkings“ wurden bei der Schubertiade von den meisten Zuhörenden stürmisch gefeiert

Bryan Benner ist ein viel beachteter Singer-Songwriter mit einer großen Liebe zum romantischen Lied. Mit seiner Band, den „Erlkings“, mischt der aus den USA stammende Bariton in Wien die Szene auf. Nun präsentierten die Musiker im Markus-Sittikus-Saal ihre ganz eigenen Interpretationen bekannter Schubertlieder. Das Publikum ging begeistert mit und feierte Bryan Benner, der auch als hervorragender Conférencier gute Unterhaltung bot. Doch trotz der ehrlich nachempfundenen Begeisterung für Schubert‘sche Gesänge, hinterließen die „Erlkings“ auch einen widersprüchlichen Eindruck, denn manche Werkdeutungen kamen als gar zu oberflächlicher Klamauk daher.

Bearbeitungen und musikalische Interpretationen, die romantische Lieder in die Gegenwart transferieren und in musikalisch neue Gewänder kleiden, gibt es zahlreiche. Mathias Rüegg und Lia Pale näherten sich Schubert vom Jazz her an, ebenso fanden „Franui“ einen individuellen Zugang zum romantischen Lied. Seine Begeisterung für Lieder von Franz Schubert entdeckte der Singer-Songwriter und Gitarrist Bryan Benner, nachdem er die berühmte Ballade „Der König von Thule“ mit amerikanischer Folkmusik in Beziehung stellte und den Text ins Englische übertrug. Sympathisch erzählte er den Werdegang und trug das Lied mit seiner kräftigen, mit einem warmen Timbre klingenden Stimme vor.
Humorvoll sprach der Bandleader und hervorragende Gitarrist die Zuhörenden an und erläuterte die Liedinhalte. Ihm zur Seite spielten Ivan Turkalj am Violoncello, Simon Teurezbacher an der Tuba sowie Thomas Toppler am Drumset und am Vibraphon. In der ungewöhnlichen Besetzung boten die Lieder viel Abwechslung und teilweise auch schöne Klangkombinationen. Die Bearbeitungen zeichneten sich durch eine starke rhythmische Komponente aus. Für einige Lieder, besonders aus der „Schönen Müllerin“, passten diese Wesenszüge, beispielsweise wirkten „Das Wandern“ „Halt!“ und „Mein!“ mitreißend fröhlich und ausgelassen. Auch die Emotionen in „Der Jäger“ sowie „Eifersucht und Stolz“ kamen durch die funkige Rhythmik gut herüber.

Gedanken gemacht

Dass sich Bryan Benner und seine Kollegen Gedanken zur musikalischen Deutung der Stilmerkmale von Franz Schubert gemacht und hinter die Kulissen der Texte geblickt haben, kam in den fein instrumentierten Arrangements „Der Pilgrim“, „Der Neugierige“ und „Trockne Blumen“ zur Geltung.
Neben der Unterhaltung, die die „Erlkings“ boten, hinterließen einige Darbietungen jedoch einen banalisierenden Eindruck. Mit den Schubertliedern ließ sich Einiges anstellen, so konnten beispielsweise einzelne Floskeln herausgetrennt und musikalisch verulkt werden. Was zunächst für Spaß sorgte, erschöpfte sich zumindest meiner Wahrnehmung nach – ziemlich bald, weil der allzu oberflächliche Klamauk rasch durchschaubar war. Besonders für den „Erlkönig“ traf dies zu, aber auch für die dramatische Ballade „Der Zwerg“, dessen Eindringlichkeit in der Bearbeitung der „Erlkings“ im Vergleich mit dem Original ziemlich harmlos wirkte. Der sinnlich wiegende Duktus des Liedes „Auf dem Wasser zu singen“ ging verloren und auf die Hintergründigkeit des „Heidenröschens“ musste Bryan Benner extra hinweisen, denn in der Bearbeitung der „Erlkings“ kristallisierte sich die Aussage wenig heraus. Unter anderem ein Grund dafür war, dass Schubert in seinen Kompositionen dem Klavierpart eine wichtige psychologisch textdeutende Rolle zugeschrieben hat und diese in den Bearbeitungen der „Erlkings“ in den Hintergrund gedrängt wurde.