Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Silvia Thurner · 18. Jul 2020 · Musik

Mit Liedern eindrückliche Welt(sichten) eröffnen – Konstantin Krimmel und Daniel Heide gaben einen faszinierenden Liederabend mit Schillervertonungen von Franz Schubert

Das mit Spannung erwartete Debüt des Baritons Konstantin Krimmel bei der Schubertiade Hohenems war ein eindrückliches Erlebnis für die Zuhörenden und ein großer Erfolg für den aus Ulm stammenden Sänger. Mit einer differenzierten Gesangskunst formte er die melodischen Linien und deutete die Liedinhalte emphatisch aus. Einen wesentlichen Anteil an den spannenden Darbietungen hatte Daniel Heide am Klavier. Er begleitete nicht nur, sondern stellte den psychologisch ausdeutenden Unterbau der Kompositionen mit viel Gespür für das Wesen der Lieder dar.

Der Liedgesang ist wohl für jeden Sänger und jede Sängerin eine besondere Herausforderung, weil die ganze Welt des Empfindens in eine kleine Form gegossen ist. Diese Feinzeichnungen der textlichen und musikalischen Inhalte kristallisierte Konstantin Krimmel hervorragend heraus. Höchst konzentriert und ohne körpersprachliche Allüren entfaltete er die melodischen Linien, so dass sich bereits mit den ersten Liedern eine feinsinnige Ruhe im Saal ausbreitete und das Wesentliche in den Vordergrund trat. Der erst 27-jährige Bariton gestaltete die Texte nach Schiller textdeutlich und mit einem hellen Timbre in der Höhe. Gleichzeitig besitzt er eine sonore Tiefe, die viel Gestaltungsspielraum eröffnet.
Auf dem Programm standen zahlreiche frühe und auch eher unbekannte Lieder, wie beispielsweise „An den Frühling“, „Der Jüngling am Bache“, „Sehnsucht I und II“, „An Emma“, „Das Geheimnis“ „Der Flüchtling“, „Dithyrambe“ und „Der Kampf“. Besonders als Jugendlicher fühlte sich Franz Schubert von den Gedichten und Balladen des Friedrich von Schiller angesprochen, deren dualistische Sicht auf die Welt, die Liebe und Natur er plastisch und ausdrucksstark in Szene setzte.

Vielseitige Deutungen

Jedes einzelne Lied loteten Konstantin Krimmel und Daniel Heide detailreich aus und viel ließe sich über die gestalterische Vielseitigkeit des Sängers und des Pianisten berichten. Mit der dramatischen Ballade „Der Alpenjäger“ setzten sie in der ersten Konzerthälfte den Höhepunkt. Eindringlich formte der Bariton die Sehnsucht nach der Ferne, das Bewahren des Tradierten und zugleich den Schutz des Lebens aus, indem er die Zerrissenheit zwischen dem Hier und Jetzt und dem Tatendrang kontrastierte und am Ende zu einer sakralen Steigerung führte. Die Psychologie des Textes spiegelte sich auch im Klavierpart wider, deren gegensätzlichen Emotionen Daniel Heide gut zur Geltung brachte. Lange, chromatische Linien und Phrasierungsbögen lotete Konstantin Krimmel in „Entzückung an Laura“ aus und entfaltete dabei sein schönes Timbre, zugleich forderte dieses Lied den Sänger im Hinblick auf die Intonation heraus. Auch lenkte die Klavierbegleitung die Aufmerksamkeit auf sich. Daniel Heide agiert zurückhaltend, war aber sehr präsent und stützte damit die musikalische Aussage wesentlich.
Im Laufe des Abends intensivierte die Liedauswahl den Ausdrucksgehalt. Die dramatischen Textinhalte in „Die vier Weltalter“ sowie die versöhnliche Conclusio stellte Konstantin Krimmel kraftvoll in den Raum, um sich danach mit der Strophe aus „Die Götter Griechenlands“ sensibel zurückzunehmen. Auch in „Der Pilgrim“ wurde die Philosophie des zugrunde liegenden Textes in der musikalischen Deutung gut herauskristallisiert. Stürmisch aufbrausend erreichte mit „Gruppe aus dem Tartarus“ sowie „Hektors Abschied“ das intensive Konzerterlebnis eine mächtige Schlusswirkung.
Begeistert applaudierte das Publikum. Auf „Die Schöne Müllerin“ mit Konstantin Krimmel am 27. Mai 2021 im Markus-Sittikus-Saal darf man sich freuen.