Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Anita Grüneis · 04. Jun 2022 · Musik

Schloss Werdenberg: die „Schlossmediale“ als Gesamtkunstwerk

Schon von weitem kündeten weiße flatternde Bänder auf Schloss Werdenberg von neuem Leben. Nicht, dass ansonsten kein Leben auf dem Schloss herrscht, dafür sorgt schon Direktor Thomas Gnägi. Aber alljährlich zur Pfingstzeit wird das Leben rund um das Städtchen Werdenberg intensiviert. Die Schlossmediale zieht ein und mit ihr viel Alte und Neue Musik und genauso viel audiovisuelle Kunst. Das Programm bei der Eröffnung dieses 10. Festivals mit dem Motto „Echo“ ließ erahnen, was bis 12. Juni alles auf Schloss Werdenberg passieren wird.

Bei ihrer Begrüßungsrede meinte die St. Galler Regierungsrätin Laura Bucher: „Die Schlossmediale ist ein Gesamtkunstwerk, bei dem ganz viele Angebote zusammenkommen“ und weiter: „Seit zehn Jahren bringt Mirella Weingarten jedes Jahr ein schönes Programm von Musik, Kunst, Workshops, Kindervorstellungen, Führungen, artistischen Einlagen und hybriden Veranstaltungsformen ins Schloss, das weitherum seinesgleichen sucht.“ Die künstlerische Direktorin Mirella Weingarten sprach ihrerseits von einer Liebe auf den ersten Blick, als sie Schloss Werdenberg zum ersten Mal besuchte. Diese Liebe ist heute noch spürbar, und zwar nicht nur bei ihr, sondern bei allen Beteiligten dieses Festivals. Die Harmonie ist greifbar und überträgt sich auch auf die Künstler:innen. 

Die Stimme im Fokus

Dieses Jahr stehen im Fokus des Festivals: die Stimme als Instrument, der Künstler Roman Signer und der Komponist Beat Furrer, die beide Auftragswerke für die Schlossmediale schufen. Ein Teil von Signers Schaffen wurde am Eröffnungstag durch die Perkussionistin Lucia Carro Veiga und den Komponisten Carlos Hidalgo zum Leben erweckt. „S.O.S. Variations“ nannte sich die Performance, in der – wie so oft bei Roman Signer – die Geräusche von Wasser eine wichtige Rolle spielen. 

Altes und Neues – frisch serviert

Das Eröffnungskonzert „Garten der Stimmen“ übernahm das Vokalensemble „The Present“ mit dem Gitarristen Lee Satana. Und schon da wurde klar, warum die Stimme mit Recht ein Instrument ist, das im Fokus dieses Festivals stehen darf. Denn jede/jeder der drei Sängerinnen und zwei Sänger hat ein ungemein präzis getimtes Instrument in sich. Das klingt nun sehr technisch, doch wer dieses Ensemble live erlebt, der weiß, dass Singen eine immens anspruchsvolle Technik braucht, um so mühe- und schwerelos zu tönen. Da fließt eine Stimme nahtlos in die andere, überhöht sie oder gibt ihr einen festen Boden, klinkt sich aus, wird eigenständig, um dann doch wieder in das große Ganze zurückzukehren.

Kompositionen von heute und aus vergangenen Jahrhunderten

Die beiden Sopranistinnen Hanna Herfurtner und Olivia Stahn und die Altistin Amélie Saadia bilden ein Frauentrio, das vor allem bei der Komposition „Velos Lilas“ von Sidney Corbett – die das Trio übrigens letztes Jahr bei den Bregenzer Festspielen uraufführte – brillierte. Der Bassist Felix Schwandtke ließ „chiamata a nuovi amori“ der 1619 geborenen Komponistin Barbara Strozzi frisch erblühen, der Tenor Tim Karweick machte den Schlager „Baciami Tre Volte“ von Teddy Reno zum humorvollen Highlight des Abends. Doch das Ensemble hatte noch viel mehr drauf, das zeigte „Le Chant des Oiseaux“ von Clément Janequin, in der sich eine ganze Vogelschar unter dem Dach des Schlosses Werdenberg zusammengefunden zu haben schien. In diesem Konzert trafen sich Kompositionen aus dem 15. und 16. Jahrhundert mit jenen aus unserer Zeit und alles war einfach nur Musik, gesungen von Menschen, die Musik lieben und sie, wie aus einer anderen Welt, in unsere Welt bringen. Begleitet wurden sie dabei von Lee Santana an der E-Gitarre und an der Theorbe. Auch er ist ein Musiker, der alt und neu mühelos verbindet und dem es immer nur um den Zauber der Musik geht.
Der Eröffnungsabend ging mit einer Performance im Schlosshof zu Ende. Dazu hatte sich auch das Wetter erbarmt und einen klaren Himmel mit einer zunehmenden Mondsichel präsentiert. Andrew Digby ließ seine Posaune erklingen und die Artistin Sarah Lindermayer bewegte sich dazu rhythmisch in den Slacklines. Dabei warf sie wunderbare Schatten an die Wand, die wiederum eine neue Magie erzeugten. Kein Zweifel, Schloss Werdenberg und die Schlossmediale haben sich in ihrem tiefsten Inneren gefunden und sind nach zehn Jahren immer noch so verliebt wie am ersten Tag. Bis 12. Juni finden täglich mehrere Veranstaltungen statt, die das Motto „Echo“ widerspiegeln.

www.schlossmediale.ch