Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Anita Grüneis · 13. Dez 2020 · Musik

Rebekka Bakken im TAK: Magische Momente und viel Christmas

Im November hätte die norwegische Sängerin Rebekka Bakken mit ihrer Band im TAK gastieren sollen, nun kam sie – coronabedingt - einen Monat später – allerdings ohne Band. Sie gab auf der TAK-Bühne ihr allererstes Solo-Konzert – zur Begeisterung der vielen Zuhörerinnen und Zuhörer, die extra angereist waren – auch aus Vorarlberg, wie die Künstlerin am Ende des Konzerts erfreut feststellen konnte.

Rebekka Bakken ist durch und durch Musikerin. Sie schreibt fast alle ihrer Songs selbst, begleitet sich am Klavier und erzählt dabei von ihrem Leben. Alles, was sie bewegt oder bewegte, fließt in ihre Musik – und das ist gewaltig viel. «Ich habe an vielen Orten der Welt eine Zahnbürste», meinte sie verschmitzt, «allerdings noch keine in Liechtenstein.» Ob sie dort ab sofort eine haben wird, bleibt fraglich, aber ganz sicher freuen sich viele Fans auf ein Wiederkommen. Denn Rebekka Bakken ist keine gewöhnliche Jazz-Sängerin – sie ist anders. Ungewöhnlich. Stark. Eindrücklich. Schon ihre Stimme lässt sich nicht zuordnen, sie umfasst drei Oktaven, kann grollen und schmollen, aber auch flüstern oder laut schreien. Diese Sängerin erschafft mit ihrer Stimme eine große Gefühlswelt, in der alles Platz hat: Frust und Abschiedsschmerz, Fröhlichkeit und Trauer, aber auch Verliebtheit und sogar Wiegenlieder für das eigene kindliche Ich.

Assoziationen mit Weihnachten

An diesem Abend im TAK war zeitgemäß viel Christmas im Programm, so begann sie mit einer Christmas Card, erzählte, wie sie sich an Weihnachten so generell fühlt und sang ihre eigenen Christmas-Songs. «Ich liebe Weihnachtsmusik und ich liebe es, Weihnachtslieder zu schreiben. Weihnachten birgt so viele Aspekte in sich, es kann Himmel oder Hölle oder beides gleichzeitig sein. Die Assoziationen, die ich mit Weihnachten verbinde, sind von Schönheit und Freude erfüllt. Doch manchmal muss man diese Zeit auch unter schwierigen Umständen begehen. Weihnachten verstärkt die Intensität dieses Lebens“, sagte sie selbst. Und dass Weihnachten 2020 besonders sein wird, war auch klar: «smaller this year, thank God», wie Rebekka Bakken humorvoll betonte. Und sie gab einen Vorgeschmack davon, was sie damit gemeint haben könnte. Nicht das große Fest ist angesagt, sondern das traute Beisammensein.  

Eine Stimme, die jeden Raum füllt

Rebekka Bakken füllte mit ihrer gewaltigen Stimme und ihrem klangstarken Klavierspiel den TAK-Zuschauerraum bis in die letzten Winkel. Und doch schaffte sie bei all den wuchtigen Tönen auch magische Momente: Als sie beispielsweise a capella auf norwegisch ein Kirchenlied sang, dabei immer wieder dem Nachhall lauschte, einen Moment der Stille zuließ, um dann erneut einzusetzen, und mit ihrer kraftvollen Stimme eine Art virtuelle Kirche entstehen ließ, in die sie das Publikum einhüllte. So viel Innigkeit ist selten bei einem Jazzkonzert. Später war diese Intimität noch einmal zu spüren, als sie «the beauty of silence» besang. Den Song «This year is different» hatte sie nach dem Tod ihres Vaters geschrieben und besingt darin die Herausforderung, einem derartigen Einschnitt im familiären Umfeld zu begegnen. 

Ganz speziell für Österreich

Rebekka Bakken lebte eine Zeitlang in Wien und arbeitete mit Wolfgang Muthspiel. «We are close to Austria», meinte sie an diesem Abend im TAK, und schon meldeten sich einige im Publikum zu Wort. Sie sei ein «bisserl traurig», dass sie dieses Jahr nicht in Österreich gewesen sei, so die Künstlerin. Und dann sang sie das Lied «Der Schnee draußen schmilzt» von Ludwig Hirsch. Nicht nur der Schnee schmolz in diesem Moment, sondern auch der letzte Widerstand gegen diese wunderbare Sängerin, die nicht nur optisch ein Hingucker ist, sondern auch eine zutiefst ehrliche und mitteilsame Künstlerin. «Angels never sleep», sang sie auf Wunsch der österreichischen Zuhörerinnen und Zuhörer als Zugabe und beschrieb damit ein Stück ihrer Kinderzeit, in der sie nachts manchmal von einer tiefen Traurigkeit befallen wurde. Aus dieser Erinnerung heraus schrieb sie das Lied für ihren Sohn, damit soll ihm diese Traurigkeit erspart bleiben. Als das Publikum weiter heftig applaudierte, wiederholte sie noch einmal den magischen Moment mit ihrem norwegischen Kirchenlied.