Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 25. Nov 2018 · Musik

Raum für außergewöhnliche Menschen – „Dornbirn Klassik“ bot jungen Künstlern eine Bühne und war ein voller Erfolg

Einen herzerfrischenden Abend erlebten die Zuhörenden beim zweiten Abonnementkonzert im Kulturhaus Dornbirn mit dem Tiroler Kammerorchester Innstrumenti unter der Leitung von Gerhard Sammer. Die Musikerinnen und Musiker präsentierten ein erlesenes Programm und stellten aufstrebende Musiker ins Rampenlicht. Mit ihren Darbietungen versetzten der Bregenzerwälder Pianist Gabriel Meloni, der Wiener Akkordeonist Nikola Djoric, Julian Kainrath aus Wien sowie das Tiroler Schlagzeugensemble „Fo(u)r Men Only“ das Publikum in Staunen. Darüber hinaus wurden zwei eindrückliche Uraufführungen von Gerd Hermann Ortler und Johanna Doderer geboten, die zum Weiterdenken anregten.

Johanna Doderer stammt aus Dornbirn, seit Jahren lebt die erfolgreiche Komponistin in Wien. Als naturverbundene Künstlerin bot ihr das Wasser schon öfters Inspiration für ihre Musik. In „Ozean“ setzte sie die beeindruckende Weite, die changierenden Farbenspiele, die Tiefe, den Wellengang, aber auch die Umweltverschmutzung in einem poesievollen Akkordeonkonzert in Töne. Vor allem der Klangcharakter des Akkordeons und die wuchtigen Tonballungen sowie spitzige Motive in gut nachvollziehbaren Dialogen mit den Orchestermusikern ergaben einen mitteilsamen musikalischen Fluss. Nikola Djoric spielte den anspruchsvollen Solopart virtuos und kristallisierte den atmenden Duktus des Instruments hervorragend heraus. In Kommunikation mit dem vielgestaltigen Orchesterpart entwickelte sich eine elegische Musik, die auch einen aufrüttelnden Botschaftscharakter in sich trug. Eine unterschwellige innere Kraft verströmte die Musik nicht zuletzt durch den klugen Einsatz der Pauken. Wirkungsvoll erweiterte Patrick Doderer mit elektronisch aufbereiteten Samples von Walgesängen den Tonraum.

Volle Kraft voraus

Ebenso viel Power, jedoch auf eine vollkommen andere Art, verströmte die Uraufführung des Werkes „Deconstructed Ecstasy“ für vier Perkussionisten und Kammerorchester von Gerd Hermann Ortler. Simon Aschenwald, Matthias Brandt, Jonas Zink und Jeremias Zöhrer hatten alle Hände voll zu tun an der Marimba, am Vibraphon, an den Pauken und Trommeln sowie Cajon und zahlreichen weiteren Perkussionsinstrumenten. In mehreren Schüben starteten perkussive Entwicklungslinien in einem intensiven Zusammenspiel mit dem Orchester. Effekt- und emotionsgeladen wurden sie zu den Kulminationspunkten hin verdichtet, bis sie schließlich regelrecht „explodierten“. Aus den musikalischen Partikeln setzte sich sodann ein neuer Verdichtungsvorgang in Bewegung. Allein die vielgestaltige Instrumentierung, die vom Piccolo bis zum Kontraforte reichte, bot eine enorme klangliche Bandbreite. So entwickelte sich ein abwechslungsreicher Drive, der wie ein Soundtrack vorüberzog.

Den ersten Satz des dritten Klavierkonzertes von Ludwig van Beethoven interpretierte Gabriel Meloni. Während das Orchester den Eröffnungssatz allzu vorsichtig anstimmte und damit verbunden eher wenig Elan versprühte, griff der 17-Jährige gehörig in die Tasten. Auffallend war seine kräftige Anschlagskultur, die perlende Läufe garantierte. Besondere Aufmerksamkeit lenkte die Kadenz auf sich. Hier brachte Gabriel Meloni seinen individuellen interpretatorischen Zugang besonders zur Geltung.

Julian Kainrath war mit 13 Jahren der jüngste Solist des anregenden Konzertabends, er spielte die berühmten Zigeunerweisen für Violine und Orchester von Pablo de Sarasate. Begeisterung löste er mit den virtuos ausgezierten und vertrackten Spieltechniken aus. Am meisten imponierte er jedoch in den langsameren Abschnitten, denn Julian Kainrath musizierte emphatisch und mit einer sehr feinsinnigen Tongebung, die die Zuhörenden in den Bann zog.

Eine schöne Begegnung

Gerhard Sammer leitete das Kammerorchester Innstrumenti in einem guten Einvernehmen mit den Orchestermusikerinnen und –musikern. Über manche Ungereimtheiten schiffte er das Orchester nobel hinweg. In den beiden Uraufführungen wirkten die ausbalancierten Stimmgruppen sowie die rhythmische Raffinesse der Musiker und des Dirigenten beeindruckend zusammen. Der Bann zum Publikum war sogleich gebrochen, als sich Gerhard Sammer sympathisch an das Publikum wendete und die Solisten mit großer Wertschätzung vorstellte. Von Beginn an war die Freude am gemeinsamen Gestalten und Zusammenwirken spürbar. Dieses Konzert hatte alles, was ein lebendiges und gutes Konzerterlebnis ausmacht: Engagierte Musikerinnen und Musiker mit einem motivierenden und sympathischen musikalischen Leiter, herausragende Solisten und eindrucksvolle Kompositionen unserer Zeit. Gerne wieder.