"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Silvia Thurner · 20. Mai 2012 · Musik

Orpheus – Spiegelungen und Korrespondenzen zwischen modernem Tanz und Barockmusik hinterließen einen zwiespältigen Eindruck

Ein markantes musikalisches Profil verlieh das Barockorchester Concerto Stella Matutina dem zweiten Abonnementkonzert in der Kulturbühne AmBach. Die MusikerInnen stellten den Orpheusmythos ins Zentrum und präsentierten unter anderem Arien aus Opern von Claudio Monteverdi, Stefano Landi und Luigi Rossi. Die hervorragende Sopranistin Judit Scherrer und der Tenor Jakob Pilgram verliehen den Werkdeutungen eine besondere Note. Experimentierfreude bewiesen die Programmverantwortlichen, weil sie die Choreographin Rose Breuss und ihre Tanzcompany „Cie.Off.Verticality“ zur Zusammenarbeit eingeladen hatten. Barockmusik und moderner Tanz sollten eine Einheit ergeben, doch es blieb ein schwer zu benennender Widerspruch offen.

Das Barockorchester überließ die Bühne den TänzerInnen und spielte als eine Art „Theatermusik" quasi im Orchestergraben vor der Bühne. Diese Positionierung hatte auf die klangliche Brillanz der Instrumente gravierende Auswirkungen und verwies die Musik zu einem gewissen Teil in eine dem Tanz dienende Rolle. Bernhard Lampert und Herbert Walser-Breuss spielten dieses Mal nicht wie gewohnt die Barocktrompete, sondern den Zink. Damit verliehen sie einigen Werken eine ganz besondere klangfarbliche Nuance, die die Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Den tänzerischen Duktus der dargebotenen Stücke unterstrichen die MusikerInnen mit gut eingesetzten Perkussionsinstrumenten.

Herausragende Sänger

Vor allem Judit Scherrer begeisterte mit ihrer natürlichen Ausdruckskraft. Sie deklamierte wortdeutlich und brillant, so dass die emotionalen Stimmungen hervorragend zur Geltung kamen. Auch Jakob Pilgram überzeugte mit seinem warmen Timbre, heller Tongebung und nuancenreich dargebotenen Partien.

Einfallsreicher Tanz

Die „Cie.Off Verticality Tanzcompany“ mit Pawal Dudus, Andrea Maria Handler, Tamara Kronheim, Martyna Lorenc, Rafal Pierzynski, Aurelisuz Rys und Rosalia Wanka interpretierte die Musik raumgreifend, mit modernen Ausdrucksmitteln und großem körperlichen Einsatz. Korrespondenzen zwischen der Musik und dem Tanz wirkten zu Beginn gut ausgelotet, musikalische Bewegungsimpulse spiegelten sich nachvollziehbar im Tanz wieder. Doch allmählich stellte sich – zumindest in meiner Wahrnehmung – eine Diskrepanz zwischen den Affektgehalten der Musik und den tänzerischen Bewegungsmustern ein. Die Musik und der Tanz gerieten in ein ungewolltes Konkurrenzverhältnis zueinander. Wohl auch deshalb, weil der moderne Tanz nach einer zeitgemäßen, nämlich modernen Musik verlangt. Insgesamt schienen Ausdrucksformen und die Architektonik der Renaissance- und Barockmusik wenig vereinbar mit den fließenden Bewegungsmustern des Tanzes.

Kein ganzheitliches Erlebnis

Die MusikerInnen, TänzerInnen und das Lichtkonzept jeweils für sich betrachtet boten beeindruckende Darbietungen und Deutungen. Ein übergeordnetes in sich geschlossenes Ganzes wurde jedoch nicht erlebbar.