Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Silvia Thurner · 05. Apr 2009 · Musik

Musiker, die etwas zu sagen haben

Der Flötist Eugen Bertel hatte beim ersten Konzert des „Forum Zeiklänge“ im Saumarkt Feldkirch alle Sympathien auf seiner Seite. Besonders bei den Werkinterpretationen von Edgar Varèse, Isang Yun und André Jolivet demonstrierte er eindringlich seine besondere musikalische Aussagekraft. Christopher Hinterhuber am Klavier war bei den zeitgenössischen Kompositionen ein interessanter Partner, als Bachinterpret spielte er sich als Selbstdarsteller auf. Sein Werkverständnis und die daraus resultierenden Interpretationsansätze überzeugten mich nicht, sie boten aber immerhin Anlass zu Diskussionen.

Wo immer Eugen Bertel solistisch in Erscheinung tritt, wie kürzlich im Rahmen eines Konzertes mit dem Symphonieorchester Vorarlberg oder in kammermusikalischer Besetzung am Landeskonservatorium, überzeugt er durch seine authentische Spielart. Diese zeichnet sich durch eine bewundernswerte Virtuosität aus und wird getragen von einem Musikverständnis, das die innermusikalischen Zusammenhänge heraus kristallisiert. Die Hülle von innen abtasten Mit Edgard Varèses „Density 21.5“ für Flöte solo lotete Eugen Bertel die Grenzen der spieltechnischen Möglichkeiten seines Instrumentes aus. Dieses Werk ist jedoch nicht allein aus einer avantgardistischen Musikauffassung heraus interessant, sondern beinhaltet durch das Abtasten der Grenzen des Spielraumes und das Bewusstwerden dieser Begrenzungen zugleich eine intensiv erlebbare psychologische Komponente. Gleichzeitig offenbarten sich ungeahnte Schwebungen, Vibrationen, sinustonförmige Tongebungen sowie Geräuschanteile und stellten das zugrunde liegende Tonmaterial als körperhaftes Wesen dar. Aus dem Lebenszusammenhang geformt Im Zentrum des Konzertabends stand „Garak“ des koreanisch-deutschen Komponisten Isang Yun. Das eindringlich gestaltete Werk stellte sehr hohe Anforderungen an die Interpreten, umso bewundernswerter wirkte ihr subtile Interpretation. Einem „Hauptton“ folgend formte Eugen Bertel die Tonlinien mit unterschiedlichsten Gestaltungsvarianten und erreichte damit eine intensive musikalische Wirkung. Pendelnd zwischen den Polaritäten des Yin und Yang entwickelten die Musiker Gewichtungen, in dem sie die Wechselbeziehungen zwischen der Flöte und dem Klavier eindruckvoll aufeinander abstimmten. Insbesondere im Hinblick auf den Lebenslauf des Komponisten, der Repressalien und Folter ausgesetzt war, verströmte „Garak“ eine durchdringende Aussagekraft. Das Konzept des „Forum Zeitklänge“ sieht vor, jeweils ein Werk zweimal zu spielen und dessen Partitur an die Wand zu projizieren. Mit Isang Yuns Komposition kam diese Idee sehr gut zur Geltung, weil das zweimalige Hören die Intensität des Hörerlebnisses verstärkte. Die Möglichkeit, das Notenbild mitzuverfolgen, vertiefte zudem das Werkverständnis. Auch die kompetenten Konzerteinführungen von Anselm Hartmann finden eine positive Resonanz. Abschließend spielten Eugen Bertel und Christopher Hinterhuber mit impulsiver Gestaltungskraft André Jolivets „Chant de Linos“, eine Threnodie auf den von Herakles ermordeten Musikpädagogen. Der Wechsel zwischen den Klagegesängen und den tänzerischen Abschnitten mit den rhythmischen Variantenbildungen wirkten aus einem innermusikalischen Zusammenhang heraus gut nachvollziehbar. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ruhe und Entspannung erhöhte den dramatischen Gesamteindruck. Selbstdarsteller Der Leitgedanke des Konzertes „Logos und Mythos“ bewog die Musiker wahrscheinlich dazu, die Sonate in A-Dur (BWV 1032) und die Fantasie und Fuge in a-moll (BWV 904) mit auf das Programm zu setzen. Christopher Hinterhuber formte die Werke mit einer Anschlagskultur und einem Duktus aus der Perspektive des 19. und 20. Jahrhunderts. Ich bevorzuge eine puristische Herangehensweise, die sich am Werkverständnis und an den aufführungspraktischen Gegebenheiten zur Zeit der Werkentstehung orientiert. Deshalb wirkten die Interpretationen auf mich nicht überzeugend. Vor allem die „Fantasie und Fuge“ war in sich übersteigert und diente mehr der Selbstdarstellung des Interpreten als dem Werk von Bach. Nächstes Konzert im Rahmen des „Forum Zeitklänge“ Mittwoch, 20. Mai, 19:30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch “Kann man mit Farben singen?“ Das Morgenstern Trio spielt Werke von J. Bahms, D. Schostakowitsch und S. Colasanti