2025 ist der erste Festspielsommer in Bregenz unter der Leitung von Intendantin Lilli Paasikivi (Foto: Anja Köhler)
Silvia Thurner · 28. Okt 2017 · Musik

Mitreißende Freude beim Singen, Spielen, Tanzen und Gestalten – die „Voices“, das „Hilde Domin Quartett“ und der Pianist Michael Plangg faszinierten unter der Leitung von Oskar Egle

Wenn der Landesjugendchor „Voices“ und Oskar Egle zum traditionellen Konzert in die Kulturbühne AmBach einladen, wissen Musik- und Singbegeisterte, dass ein besonderes Fest auf sie wartet. Unter dem Motto „s(tr)inging voices“ hatten etwa 90 Jugendliche viel zu bieten. Jede einzelne Darbietung der „Voicler“ illustrierte die große Kunst des ausgeglichenen Chorklanges, Flexibilität und musikalischen Ideenreichtum. Außerdem präsentierten der Jugendchor auch ganz neue – extra für sie komponierte – Werke von Ivan Kárpati und Simon Frick und wirkten mit den Musikerinnen des „Hilde Domin Quartetts“ und dem Pianisten Michael Plangg zusammen.

Der Klavierpädagoge und Komponist Ivan Kárpati schuf den wirkungsvollen Chorsatz „Alleluja, Amen“, der gleich zu Beginn die Vorzüge des Chores zum Leuchten brachte. Nach einer Aufmerksamkeit erregenden, rhythmischen Einleitung spreizte sich die Melodie harmonisch vielgestaltig auf. Die gegenläufig dazu erklingenden Linien loteten die Sängerinnen und Sänger dynamisch hervorragend aus.

Groove im Chor

Ganz anders angelegt war das zeitkritische Stück „That Things“, das Simon Frick dem Jugendchor auf den Leib geschrieben hat. Über einem rockigen Klavierpart und einem kraftvoll akzentuierten Streicherpart entfalteten die Chorsängerinnen und –sänger markig hingestellte, vokale Phrasen. Dazwischen gelagerte, lyrische a cappella Passagen oder instrumentale Zwischenspiele öffneten reflektierende Felder innerhalb des gut proportionierten Werkes. Der Pianist Michael Plangg und das „Hilde Domin Quartett“ mit Xenia Rubin, Miriam Christa (Vl), Elisa Kessler (Va) und Hanna Bertel (Vc) spielten den Instrumentalpart hervorragend und der Chor phrasierte prägnant. Eine elektrische Verstärkung hätte den rockigen Charakter und den Groove der Musik sicher gut unterstrichen.

Gute Ergänzung

Besonders schön in den Reigen der neuen Werke passten die beiden Kompositionen „Nazli Yarim“ und „Agit“ von Murat Üstün, die das „Hilde Domin Quartett“ spielte. Die Gegensätze des energischen ersten Teiles und des sinnlichen zweiten Abschnittes loteten die Musikerinnen hervorragend aus. Aufhorchen ließ der in sich ruhende, hervorragend ausgelotete Quartettklang. Ebenso emphatisch musiziert erklangen „Millenium“ (arr. Peter Guy) und das südafrikanische Traditional „Tsaba Tsabe“ sowie der erste Satz des Streichquartetts op.12 von Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Pianokultur

Im Gesamterlebnis des Konzertes lösten neben den guten Werkdeutungen vor allem die zahlreichen unterschiedlichen Charaktere der dargebotenen Lieder sowie die Flexibilität des Jugendchores Bewunderung aus. So erklang die Komposition „Requiem“ von Eliza Gilkyson (arr. Crain Hella Johnson) textdeutlich und mit einem sensiblen Ausdruck. Eher vorsichtig intonierte der Chor „Even When He Is Silent“ von Kim André Arnesen, formte dann aber  den großen Bogen transparent aus. Dynamisch modulierten die Chorsängerinnen und –sänger die 7-stimmige Motette „Ave Maria“ von Anton Bruckner. In dieser Werkdeutung kam die ausgewogene Pianokultur der „Voices“ besonders schön zur Geltung. Genau diese Qualitäten belebten auch „Indodana“, ein Traditional als Südafrika.

Geistreich

„Luminous Night of the Soul“ von Ola Gjeilo formten das „Hilde Domin Quartett“, Michael Plangg am Klavier und der Chor in großem gegenseitigen Einverständnis. Auf diese Weise verschmolzen die Instrumental- und Vokallinien feinsinnig ineinander und ergaben eine wirkungsvolle Vervielfachung. Faszinierend wirkte auch „Horizons“ von Peter Louis van Dijk. Vokalisen, Schipser, Eggshakers und Regenmacher waren die Grundlage für Wechselgesänge, die innerhalb des Chores spannende räumliche Perspektivenwechsel eröffneten.

Markant ausgeformte Spirituals wie „Daniel, Servant of the Lord“, „Don`t Give Up“, „Only in Sleep“ und „Nyon Nyon“ rundeten den mitreißenden Konzertabend - von dem es noch viel zu erzählen gäbe - ab.

Vertrauenssache

Oskar Egle leitete den Chor kraftvoll und wirkte wie ein Fels in der Brandung. Dass zwischen dem Dirigenten und den Sängerinnen und Sängern eine hervorragende Kommunikation und ein selbstverständliches Geben und Nehmen herrschte, war unter anderem in wuchtigen dynamischen Schüben und präzise ausgeformten Akzentuierungen nachvollziehbar.

Wann immer es möglich war, legten die Chorsängerinnen und –sänger ihre Mappen beiseite. Dies erhöhte die unmittelbare Wirkung des Chorklanges und ermöglichte zudem hervorragende Choreografien.