Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Silvia Thurner · 11. Mai 2010 · Musik

Mit Zahlen und Sindbad auf musikalischer Reise - Das SOV unter der Leitung von Christoph Eberle fand begeisterte Zustimmung

Mit Spannung wurde das fünfte Abonnementkonzert des Symphonieorchesters Vorarlberg erwartet. Angesagt waren drei außergewöhnliche Ereignisse. Die Uraufführung des „Zahlentanzes“ von Peter Herbert stand auf dem Programm, nach fünf Jahren Pause kehrte Christoph Eberle ans Dirigentenpult zurück, darüber hinaus wirkte Michael Köhlmeier als Erzähler der "Geschichten aus 1001 Nacht" mit. Geboten wurden eine reizvolle neue Komposition, gute Unterhaltung mit fesselnden Geschichten und eine zupackende Deutung von Rimsky-Korsakoffs symphonischer Suite „Scheherazade“.

Für Peter Herberts „Zahlentanz“ hatte Michael Köhlmeier Vierzeiler geschrieben, die auf unterhaltsame und zugleich lehrreiche Art einen Aufriss zur Kulturgeschichte der Zahlen darstellen. Als Zwischenmusik reflektierte der Komponist Peter Herbert über die Verse und schuf damit eine packende Musik. Die einzelnen Abschnitte wirkten wie Reflexionen über die Verse von Michael Köhlmeier. Die Musik war filmsequenzartig angelegt und stellte das Naheverhältnis der Musik zu Zahlen beziehungsweise Proportionen dar. In einigen Passagen ordnete Peter Herbert den Formen der Zahlen Perkussionsinstrumente zu, wie beispielsweise „Eggs“ und „Sticks“ für die 0 und die 1. So offensichtlich blieben die Querverweise jedoch nicht, denn schon bald waren die Zahlen in Intervallen und Tonschichtungen zu hören. Unterschiedlichste Hörperspektiven eröffneten sich, einmal wurde der Fokus auf die Rhythmik gelenkt, dann auf instrumentationstechnische Konstellationen oder auf den harmonischen Aufbau. Auch humorvolle Zitate arbeitete der Komponist ein. Aus diesen Einzelteilen entwickelte sich ein musikalischer Spannungsbogen mit vielen Anreizen. Gespielt wurde mit einer konzentrierten Kommunikation, so dass auch dicht verwobene Passagen transparent ausgestaltet erklangen. Rhythmisch folgte das Ensemble über weite Strecken Peter Herbert, der vom Kontrabass aus agierte. Einen anspruchsvollen Solopart hatte Christoph Eberle am Sopransaxophon inne. Obwohl die Vierzeiler eine prägnante Aussagekraft besitzen, nimmt die Musik im „Zahlentanz“ quasi eine dienende Haltung gegenüber den Erzählungen von Michael Köhlmeier ein.

Der Geschichtenerzähler

In eine ganz andere Welt wurde das Publikum im zweiten Konzertteil geführt. Michael Köhlmeier erzählte aus „1001 Nacht“, von der Hassliebe des Sultans Scheherban und seinem Bruder Schahseman zu den Frauen sowie Sindbads Abenteuer. Wie Scheherazade mit ihren Geschichten den Sultan in ihren Bann zog und damit seine verletzte Seele heilte, stellte Köhlmeier farbenreich und mit einem höchst bemerkenswerten, musikalischen Duktus dar. Stets hielt er das Publikum in Atem, in dem er humorvolle Anmerkungen und Anspielungen machte. Er gönnte den Zuhörenden mit einem gut proportionierten Erzählfluss Pausen, trieb die Handlung spannend voran und reflektierte auf seine individuelle Weise.

Orientalische Klangfarbenspiele

Dazwischen interpretierte das Symphonieorchester Vorarlberg „Scheherazade“, op. 35 von Nikolai Rimsky-Korsakoff. Wer sich tonmalerische Parallelen zwischen Köhlmeiers Erzählungen und der Musik erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die Musik entwickelte Christoph Eberle und „sein“ Orchester mit einem guten Gespür für die großen Linien und die Proportionen. Im Detail hatte das SOV mit ein paar Unwegsamkeiten zu kämpfen, die jedoch für den positiven Gesamteindruck irrelevant sind. Klangfarbenreich mit bewundernswerten Soli, vor allem von der Konzertmeisterin und den Holzbläsern, entfaltete sich ein facettenreiches Panorama an elegischen und leidenschaftlichen, sowie kommunikationsfreudigen musikalischen Gesten.

Freudiges Wiedersehen

In den Reihen des SOV musizierte auch Peter Herbert. Diese Beobachtung unterstrich den sympathischen Eindruck, den dieses Konzert hinterlassen hat. Christoph Eberle wirkte am Dirigentenpult des SOV irgendwie heimisch und wohl viele erinnerten sich an herausragende Konzertereignisse unter seiner Leitung. Bemerkenswert war neben seiner klaren Linienführung der unmittelbare Kontakt, den er zwischen der Musik, den agierenden MusikerInnen, sich selbst und dem Publikum herzustellen vermochte. Das Publikum feierte Christoph Eberle herzlich.