Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Silvia Thurner · 09. Mai 2010 · Musik

Die Sängerin und das Quartett - Rigmor Gustafsson und das „radio.string.quartet.vienna“ tauchten im Rahmen der Reihe „Jazz&“ in poesievolle und klangsinnliche Welten ein

Den Abschluss ihrer erfolgreichen Tournee durch Europa feierten das „radio.string.quartet.vienna“ und die Sängerin Rigmor Gustafsson am Dornbirner Spielboden. Die MusikerInnen zelebrierten ihr Projekt „Calling you“ und das Publikum dankte mit begeisterter Zustimmung. Die aus Schweden stammende Sängerin ergänzte den Streichquartettklang mit ihrer natürlichen Stimme und ihrem klaren Ausdruck ideal. So kamen sowohl die lyrischen Aspekte als auch die avancierten musikalischen Gestaltungsformen der StreichquartettmusikerInnen auf vielfältige Art zum Ausdruck.

Mit einem traditionell konzipierten, romantischen Streichersatz eröffnete das „r.s.q.v.“ den Abend. Bernie Mallinger und Johannes Dickbauer (Violine), Cynthia Liao (Viola) und Asja Valcic (Violoncello) setzten dabei wirkungsvolle Überleitungen mit markanten Schnitten. So führten sie das Publikum quasi in einen Film ein, mit farbenreichen, poetischen und opulenten Klangbildern, die während des Abends in unterschiedlichsten Facetten ausgestaltet wurden.

Mit natürlichem Charme

Rigmor Gustafsson hatte das Publikum schnell auf ihrer Seite, weil ihre temperamentvolle Ausstrahlung und ihr schnörkelloser und flexibler Gesang authentisch wirkten. Erst allmählich wurde klar, dass sie über ein breites Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten verfügt, jedoch den melodisch weit gefassten Linien den Vorzug gibt. Ihre Stimme und die Streicherklänge fügten sich ideal ineinander, so dass in vielen Songs ein obertonreicher Gesamtklang erlebbar wurde. In „Makin’ Whoopee“ wirkte vor allem die textdeutend poetische Komponente, mit Power und Humor gestaltete das Ensemble „Still Crazy After All These Years“. Klangsinnlich, mit breit ausladenden Linien gestaltete die Sängerin den Song „Close to you“.

Viel Pathos

Im zweiten Set nahm der balladenhafte, melodiebetonte Duktus in den einzelnen Songs einen großen Raum ein. Dabei wirkte die Stimme von Rigmor Gustafsson über viele Passagen hinweg vom Streichersound getragen, tauchte ein in den Gesamtklang und setzte sich wieder darüber hinweg. Während der Gesangspassagen stellte sich das Streichquartett ganz in den Dienst der Sängerin. Eine kommunikative Musizierart ermöglichte dabei viele schöne Gestaltungsmomente. Allerdings drifteten einige Nummern meinem Empfinden nach in Sentimentalität ab.

Unkonventionelle kompositorische Zugänge

Höhepunkte waren einige Nummern, die Johannes Dickbauer komponiert hat. Er setzte nämlich außergewöhnliche Klangereignisse wirkungsvoll in Musik, entwickelte Eingangspassagen von geräuschhaften Andeutungen bis hin zu monumentalen Klanggebilden. Dabei lotete er die Spannungsbögen zwischen atmenden Ruhepolen und vorwärts treibenden, in sich verzahnten rhythmischen Pattern sehr gut aus. Dass die MusikerInnen ihr Vokabular aus einem großen spieltechnischen Repertoire schöpfen, das zahlreiche auch virtuose klangliche Anreize schuf, verstärkte den positiven Eindruck zusätzlich.