Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Silvia Thurner · 05. Okt 2020 · Musik

Mit großem Gestaltungswillen und Tatendrang – Cecilia Bernardini und das Concerto Stella Matutina ehrten Beethoven

Allen Widrigkeiten zum Trotz scheuten die Musikerinnen und Musiker des Concerto Stella Matutina und allen voran Bernhard Lampert keine Mühen und feierten ihr schon vor langer Zeit angesagtes Fest für Beethoven mit einem fulminanten Orchesterkonzert. Zum gemeinsamen Musizieren eingeladen war Cecilia Bernardini. Mit großer Strahlkraft interpretierte die sympathische Musikerin Beethovens Violinkonzert. Ein Abenteuer für das Orchester und die Zuhörenden stellte die Deutung der dritten Symphonie von Ludwig van Beethoven dar, die „Eroica“ erklang mit Thomas Platzgummer am Pult als krönender Höhepunkt.

Die niederländische Geigerin Cecilia Bernardini wird weithin als vielseitige Musikerin und als Spezialistin für die historisch informierte Aufführungspraxis geschätzt. Ihre natürliche Ausstrahlung verlieh ihrem Auftritt in der Kulturbühne AmBach eine besondere Note. Die nuancenreiche Tongebung auf ihrer schönen Amati-Geige kam ganz unmittelbar zum Ausdruck und ging buchstäblich unter die Haut. So entfaltete sich ein wirkungsvolles Spiel, das von den Gegenpolen der pochenden Fünftongruppe auf der einen Seite und entspannt atmenden Kantilenen auf der anderen Seite lebte. Feinsinnig trug das Orchester die Solistin und eröffnete die notwendigen Freiräume. Aufhorchen ließ auch die Kadenz, in der die Violine mit der Pauke in einen Dialog trat und die markanten Tonwiederholungen der Fünftongruppe den marschähnlichen Duktus noch einmal implizierte. In einem schönen Zusammenwirken mit den Holzbläsern wurde der Mittelteil modelliert, bevor das Finale mit Schubkraft sowie zahlreichen musikalischen Perspektivenwechseln ausgeformt erklang.

Beethovens Ouvertüre „Die Geschöpfe des Prometheus“ bot das Concerto Stella Matutina in einer Interpretation, in der die hohe Eigenverantwortung jedes einzelnen Orchestermitglieds sowie ein großer Gestaltungswille gut zur Geltung kamen. Musiziert wurde ohne Dirigent und mit starken dynamischen Kontrasten, die viel Bewegung in das musikalische Gefüge brachten. Allerdings zeigte die Koordination der mächtigen harmonischen Pfeiler und die rhythmischen Verschiebungen die Grenzen des kollektiven Musizierens auf.

Heldentum und Humanismus

Hervorragend zum musikalischen Geist des Prometheus passte Beethovens dritte Symphonie, die „Eroica“. Dazu wechselte der Cellist Thomas Platzgummer die Seiten und leitete das Orchester vom Dirigentenpult aus. Das tat der prägnanten Ausdruckskraft und dem Esprit des hervorragend disponierten Orchesters gut. Der musikalische Fluss entwickelte sich spannend und in vielen Einzelheiten, besonders aus der Dynamik heraus schöpften die thematischen Kernaussagen ihre Kraft. Andächtig und zurückhaltend agierten die Musikerinnen und Musiker im „Marcia funebre“ und unterstrichen damit die unterschwellige Dramatik. Auch hier lenkten die Soli der Holzbläser die Aufmerksamkeit auf sich. Die rhythmische Komponente verlieh dem dritten Satz Profil und im Finale bewirkten die Klangfarbenspiele zwischen den Stimmgruppen sowie die Energie geladenen Phrasierungsbögen, einen schönen Ausgleich zwischen Ruhe und Spannung.