Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 29. Nov 2019 · Musik

Mit einem gemeinsamen Atem musiziert – das Duo Gazzana bei „Dornbirn Klassik“

Beim zweiten Abonnementkonzert von „Dornbirn Klassik“ stand dieses Mal kein Orchester auf der Bühne. Es musizierten die beiden Schwestern Natascia Gazzana an der Violine sowie Raffaella Gazzana am Klavier ein klug zusammen gestelltes Kammermusikkonzert, das es in sich hatte. Den Rahmen bildeten zwei gewichtige Sonaten von Edvard Grieg und César Franck, im Mittelteil korrespondierten die Duette von Tõnu Kõrvits sowie György Ligeti hervorragend miteinander. Dass Raffaella und Natascia Gazzana seit ihrer Kindheit miteinander musizieren, war vom ersten Ton an erlebbar und bestimmte die Qualität des poesievollen Konzertabends.

Die Charaktere der Kammermusikerinnen kamen in allen Werkdeutungen hervorragend zur Geltung. Einen energischen Zugriff, mit perlender Anschlagskultur und zugleich eine sehr feinsinnige Art der Tongestaltung zeichnete die Pianistin aus. Aufhorchen ließ sogleich die feine, in sich ruhende eher dunkle Tongebung der Violinistin. Keine der beiden Musikerinnen drängte je in den Vordergrund, sondern beide ließen sich ganz vom musikalischen Fluss und den kompositorischen Vorgaben leiten. Auf diese Weise fanden sie zu einer bewundernswert ausgeglichenen Musizierhaltung, die viel Raum für die melodischen Hauptstimmen bot und kommentierende Motive sowie Frage- und Antwortspiele in einem ebenmäßigen Dialog entfaltete. In jenen Passagen, in denen die Klavierstimme eine tragende Funktion einnahm, wirkte Raffaella Gazzana am Klavier sehr präsent.

Volksmusikalische Wurzeln bildeten den zugrundeliegenden Gedanken, der alle vier an diesem Abend dargebotenen Werke zueinander in Beziehung stellte. Edvard Griegs Sonate Nr. 3, op. 45 entwickelte das Duo Gazzana indem die naturhaften Stimmungen in einem ausgeglichenen Geben und Nehmen ausgeformt erklangen. Während im ersten Satz der Klavierpart die treibende Kraft darstellte, entfaltete Natascia Gazzana die Romanze im Allegretto mit einem lyrischen Erzählfluss. Anklänge an die Volksmusik verliehen dem Finale eine leidenschaftliche Note, die die Musikerinnen mit rustikalen Bordunklängen und energischen Imitationsmustern ausdeuteten.

Für das Duo Gazzana komponierte der estnische Komponist Tõnu Kõrvits das Werk „Notturni“, das erstmals in Österreich zu hören war. Klangsinnlich öffnete Raffaella Gazzana am Klavier einen Klangraum, den Natascia Gazzana mit einer suchenden Geste ausfüllte. Die Musik, mit klar gesetzten Akkorden, sehr leisen Arpeggi und flirrenden Trillermotiven, implizierte Konturen einer Landschaft und eine große Weite. Reizvolle Kontraste ergaben sich zum Duo für Violine und Klavier von György Ligeti, in dem ein energischer Energiefluss, kräftig konturierte Linien und Rhythmen die Kraft osteuropäischer Volksmusik zum Ausdruck brachten. Mit ihrem ernsthaften und konzentrierten Spiel zogen die Musikerinnen das aufmerksam zuhörende Publikum in ihren Bann, so dass eine dichte Konzertatmosphäre entstand.

Spannende Steigerungsformen

Als fulminanten Schlusspunkt interpretierte das Duo Gazzana César Francks Sonate in A-Dur, die als Schlüsselwerk der Kammermusikliteratur für Violine und Klavier gilt. Geheimnisvoll intonierten die Schwestern das Werk mit einem dunklen, eher bedeckten Toncharakter. Aus dieser Stimmung heraus entwickelten sie die harmonische Aufhellung sowie den leidenschaftlichen Duktus der Musik. Im Allegro nahm die Geige die unruhige Geste des Klaviers auf, um danach in einer ausgeglichenen Balance die impulsiven Tonzerlegungen in den Raum zu stellen.

Mitunter wirkten Natascia und Raffaella Gazzana etwas unnahbar, jedoch war auch erlebbar, dass das Duo die Musik ganz von der dienenden Warte heraus interpretierte. In diesem Geist formten die beiden Musikerinnen auch die Zwiesprache im Recitativo mit anschließender Fantasia. Die emotionale Schlusssteigerung im Finalsatz erklang homogen ausgelotet, dem Vorwärtsdrängen des Klavierparts bot die Geigerin klangsinnlich und selbstbewusst Paroli.

Für den herzlichen Applaus bedankten sich Natascia und Raffaela Gazzana mit dem lyrisch entfalteten Adagio von Alessandro Marcello.