Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Silvia Thurner · 29. Sep 2022 · Musik

Lust- und fantasievolle musikalische „Überschreitungen“ – Ivana Pristasova, Caroline Mayrhofer und Petra Ackermann zogen mit Werken von Wolfram Schurig die Zuhörenden in ihren Bann

Kulturveranstalter oder Ensembles setzen hierzulande selten Werke von Wolfram Schurig auf ihre Programme. Deshalb ergriff der in Feldkirch lebende Komponist die Initiative und fand mit Arno Egger einen guten Kooperationspartner. Unter dem Motto „Capricci & Soli“ wurde der Kunstraum in der Johanniterkirche für die Neue Musik geöffnet und bespielt. Als herausragende Musikerinnen begeisterten Ivana Pristasova, Petra Ackermann und Caroline Mayrhofer mit ihren Darbietungen die zahlreich erschienenen Konzertbesucher:innen. Wolfram Schurigs inhaltsreiche Solo- und Duowerke und das faszinierende Ambiente in der Johanniterkirche ermöglichten musikalische Hörerlebnisse, die als Highlights des bisherigen, überaus reichen Vorarlberger Jahreskulturkalenders in Erinnerung bleiben werden

Die Violinistin und Bratschistin Ivana Pristasova kennt die Kompositionen von Wolfram Schurig seit Jahren. Schon zahlreiche seiner Werke, unter anderem auch das ihr gewidmete Violinkonzert, hat sie bei namhaften Festivals zur Uraufführung gebracht. Ebenso vertraut mit den Werken des Feldkircher Komponisten sind die Blockflötistin Caroline Mayrhofer und die Bratschistin Petra Ackermann. Die Namen der angekündigten Musikerinnen sowie der Aufführungsort weckten die Vorfreude auf ein besonderes Konzertereignis und schraubten die Erwartungen sehr hoch. Vom ersten bis zum letzten Ton herrschte eine höchst konzentrierte und anregende musikalische Atmosphäre. Überdies bot die hervorragende Akustik den filigranen Kompositionen viel Raum zur Entfaltung.
Im Stück für Violine solo „tintoretto: erste übung“ entfaltete Ivana Pristasova die musikalischen Linien mit einer atemberaubenden Spiel- und Bogentechnik. So bestimmten die unterschiedlichen Tonqualitäten den Verlauf des Werkes sehr wesentlich mit. Raumgreifende musikalische Gesten und feine Referenztöne bildeten den Klangvorder- und Klanghintergrund mit viel Innenleben aus.
Wolfram Schurig legte den Zuhörenden sympathisch und mit wenigen Worten eine Fährte zum Hören seiner musikalischen Grundideen. Das Stück „capriccio per goldner“ für Tenorblockflöte und Violine führte die Grafikkunst von Egon Goldner in Musik über. Unterschiedliche musikalische Gesten implizierten unter anderem Linien, Striche, Kurven, Punkte und andere Akzente. Die farbenreiche Spielart setzte dabei vielgestaltige Obertöne frei, die den musikalischen Verlauf klangfarblich nuanciert schillern ließ. Die in unterschiedlichen Dichtegraden verwobenen Linien bewirkten fein austarierte musikalische Texturen. Bewundernswert synchron und hervorragend aufeinander bezogen stellten Ivana Pristasova und Caroline Mayrhofer die Komposition in den Raum.
Das Werk „common landscapes“ für Altblockflöte solo musizierte Caroline Mayrhofer ausdrucksstark. Dabei führte sie die musikalischen Linien so differenziert aus, dass vor dem inneren Auge tatsächlich musikalische Landschaftsbilder hervorgerufen wurden. Aufhorchen ließen die unterschiedlichen Grade des Luftflusses und die sich dadurch verändernden Klangfarben der Blockflöte. Verbunden mit den Glissandi sowie vielstimmigen Spaltklängen hinterließen die Musik und die Interpretin einen großen Eindruck.

Interpretinnen spielen mit großer Leichtigkeit

Zum Schluss brachten Ivana Pristasova und Petra Ackermann das „capriccio per manganelli“ für zwei Violen zur Uraufführung. Auch diese Komposition hat eine außermusikalische Inspirationsquelle, nämlich das Buch „Rumori o voci“ des italienischen Schriftstellers Giorgio Manganelli. Mit bewundernswert kongruent ausgestalteten Trillermotiven leiteten die Musikerinnen das Capriccio ein und machten dann dem Gedanken, dass zwei Linien ganz unmittelbar aneinander „gekettet“, miteinander verbunden und gleichwertig miteinander verwoben werden, alle Ehre. Zahlreichen Imitationen und ausgeprägten Glissandi, die in der direkten Aufeinanderfolge einen Dopplereffekt evozierten, ergaben ätherisch lichte Klangfelder und einen dichten musikalischen Fluss. Gleichzeitig setzten die Musikerinnen auch zahlreiche korrespondierende Motivketten frei. Schließlich ließen sie das mit vielen überraschenden Wendungen gespickte Werk in einem atemberaubenden Pianissimo verklingen.
Einen prägenden Eindruck hinterließen die Musikerinnen auch deshalb, weil sie die virtuos angelegte Musik von Wolfram Schurig locker und in sympathischer Spiellaune entfalteten. Es schien, als gäbe es für die drei Frauen keine Anstrengungen oder gar spieltechnische Hürden