Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Silvia Thurner · 04. Jun 2019 · Musik

Leidenschaft und Wagemut – Guntram Simma und das Collegium Instrumentale erhielten herzlichen Applaus

Zum Abschluss der Konzertsaison von „Dornbirn Klassik“ musizierte das Collegium Instrumentale im Dornbirner Kulturhaus ein vielfältiges Programm mit Werken aus drei Epochen. Als Orchesterleiter ist sich Guntram Simma seiner kulturpolitischen Verantwortung bewusst, deshalb widmet er einen bedeutenden Teil seiner Orchesterarbeit der zeitgenössischen Musik. Dieses Mal erklang Gerold Amanns Orchesterstück „Lucy“. Darüber hinaus stand Antonin Dvoraks neunte Symphonie „Aus der neuen Welt“ auf dem Programm. Als Solistin interpretierte die renommierte Pianistin Jasminka Stancul Mozarts Klavierkonzert in d-Moll. Die Musikerinnen und Musiker loteten in ihren anspruchsvollen Werkdeutungen die Grenzen aus. Vieles gelang hervorragend.

Seine ganze Musikerlaufbahn hindurch und auch als Orchesterleiter pflegte Guntram Simma die zeitgenössische Musik, weil sie Teil unserer Gesellschaft und unseres Lebens ist. Große Erfolge brachten ihm sein Vertrauen in die Qualitäten der Vorarlberger Komponisten – das man bei den Programmgestaltern des Symphonieorchesters Vorarlberg weitgehend vermisst  ein, denn schon manche Uraufführung wurde zum bejubelten Highlight.
Auffallend jung ist das Collegium Instrumentale besetzt. Hier finden heimische Musikerinnen und Musiker des Landes herausfordernde musikalische Aufgaben. Auch aus diesem Grund ist dieses Orchester für die Vorarlberger Musikszene wichtig. 

Die Urzeiten und die Gegenwart in Musik gefasst

Freundschaftlich verbunden sind Guntram Simma und das Collegium Instrumentale auch mit dem in Schlins lebenden Komponisten Gerold Amann. So war es dem Orchesterleiter ein Anliegen den nunmehr 82-jährigen Komponisten wieder einmal ins akustische Blickfeld zu rücken. In der 1995 entstandenen Kompositionen „Lucy“ vereinigte Gerold Amann einige Quintessenzen seiner musikalischen Sprache. Darin verarbeitete er Umweltschall sowie Vogelgesänge und setzte das Fossil von Lucy als Reminiszenzen an längst vergangene Zeiten mittels optisch inspirierter Ideen in Musik. Das anspruchsvolle Werk musizierte das Collegium Instrumentale engagiert und mit einer konzentrierten Entschlossenheit, so dass sich die Quintessenzen der Komposition gut herauskristallisierten. 

Gut durchdachte und engagierte Werkdeutung 

Auch Dvoraks neunte Symphonie „Aus der neuen Welt“ stellte an die Musikerinnen und Musiker des Collegium Instrumentale enorme Ansprüche. Spannend war die Art, wie die allseits bekannten Themen geformt und zueinander in Beziehung gestellt wurden. In eher gemäßigten Tempi zelebrierte Guntram Simma insbesondere die Klangfarbenspiele der musikalischen Gestalten. Er bildete einen Klangvorder- und -hintergrund ab und belebte den musikalischen Fluss mit dynamischen Bögen.
Im Eröffnungssatz verlieh das Orchester den rufartigen Themen viel Aussagekraft. Sodann öffneten die Musikerinnen und Musiker im Largo den musikalischen Raum für das schön vorgetragene Solo des Englischhorns. Im Scherzo ließen sich die Musiker fast zu viel Zeit. Doch rief insbesondere der punktgenau gesetzte Schlusspunkt Bewunderung hervor. Pfeilgerade präsentierten die Blechbläser ihre Themen im Finale und verliehen damit dem Werkganzen eine zusätzliche Strahlkraft. Dass das Collegium Instrumentale mit dieser Werkdeutung auch Grenzen auslotete, war offenkundig, aber der positive Gesamteindruck und die Freude über soviel musikalischen Wagemut überwogen bei weitem. 

Perlende Anschlagsdynamik

Die international renommierte Pianistin Jasminka Stancul interpretierte zusammen mit dem Collegium Instrumentale das Konzert für Klavier und Orchester, Nr. 20 (KV 466). Ihr perlender Anschlag und der klangsinnliche Zugang unterstrichen die Charakteristik dieses introvertierten Werkes. Bewundernswert formte die Solistin die Themen, artikulierte die Phrasierungsbögen markant und stellte die Tonbeziehungen spannend dar, so dass unter anderem die besondere Farbe der Haupttonart d-Moll gut zur Geltung kam. Im Finalsatz beendete Jasminka Stancul ihre feinsinnig gespielte Kadenz mit einer offenen Frage, die das Orchester sogleich aufgriff und prompt beantwortete. Überhaupt war das Collegium Instrumentale der Solistin ein guter Partner. Die Musikerinnen und Musiker reagierten kommunikativ im Tutti und begleiteten die Jasminka Stancul sensibel.