Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Silvia Thurner · 20. Jän 2020 · Musik

Langer Atem für tollkühne musikalische Loopings – der Klarinettist Sebastian Manz brillierte mit dem Symphonieorchester Vorarlberg unter der Leitung von Leslie Suganandarajah

Beim vierten Abonnementkonzert unterhielten das Symphonieorchester Vorarlberg und der Dirigent Leslie Suganandarajah die Zuhörenden mit einem ereignisreichen Programm. Der in Vorarlberg gut bekannte Klarinettist Sebastian Manz ist nicht nur ein bewundernswert souveräner Musiker, sondern auch ein Entertainer. Wie für den quirligen Klarinettisten geschaffen, wirkte das Klarinettenkonzert von Jean Françaix. Die mitreißende Werkdeutung im Bregenzer Festspielhaus wurde zum umjubelten Höhepunkt des Konzertabends.

Sebastian Manz war bereits vor drei Jahren mit einem Klarinettenkonzert von Carl Maria von Weber zu Gast beim Symphonieorchester Vorarlberg. Doch nun sollte das berühmte Konzert für Klarinette und Orchester von Jean Françaix aufgeführt werden und da kam für den neuen Geschäftsführer Sebastian Hazod kein anderer Solist als eben der aus Hannover stammende Klarinettist in Frage. Mit einer atemberaubenden Technik spielte Sebastian Manz die akrobatischen Tonkaskaden und die auf engstem Raum kleingliedrig ineinander geschobenen musikalischen Floskeln. Registerwechsel sowie höchste und tiefste Lagen, Lautstärkenunterschiede vom aufbrausenden „Rülpser“ bis zum pianissimo hin gehauchten Ton formte er mit einer Leichtigkeit, die die Zuhörenden in Staunen versetzte.
Auffallend war, wie rasch Sebastian Manz den Kontakt zum Publikum herstellte, denn ganz bewusst schepperte er Tonfloskeln ins Auditorium und spielte seinen Mitmusikern im Orchester ebenso geistesgegenwärtig und voller Spielfreude Tonfloskeln wie in einem Ping-Pong Spiel zu. Die Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Leslie Suganandarajah ließen sich auf das musikalische Vergnügen ein und nahmen die Herausforderung an. So entwickelten sich schlagfertige Frage- und Antwortspiele und Imitationen, die vor allem im zweiten Satz unterhaltsame Szenen eines Clowntheaters imaginierten. In diesem Licht betrachtet erinnerte das etwas innehaltende Andante an die berühmte Figur des Pierrot. Doch danach ging im Finale der Wirbel mit ausgelassener Spielfreude, locker und mitreißend im Tempo allegrissimo weiter.

Solist und Orchester als gutes Team

Das SOV und Leslie Suganandarajah waren dem Solisten mitgestaltende und sehr geistesgewärtige Partner, die auch die rhythmische Raffinesse des originellen Werkes virtuos ausgestalteten. Das Publikum jubelte und erhielt als Dankeschön das nicht minder unterhaltsame Duett „The chase“ des Schweizer Komponisten Oliver Truan geliefert. Sebastian Manz forderte darin die Flötistin Barbara Chemelli gehörig aus der Reserve, doch sie ließ sich voll darauf ein und blieb dem Klarinettisten nichts schuldig.

Die Rahmenhandlung

Gerahmt wurde das Françaix-Klarinettenkonzertes einesteils mit der Orchestersuite „Le Tombeau de Couperin“ von Maurice Ravel und andernteils mit der „Prager“-Sinfonie Nr. 38 von W.A. Mozart.
Ravels Suite „Le Tombeau“ stellt eine Rückbesinnung auf barocke Tanzformen und eine Erinnerung an den Komponisten François Couperin dar. In der Werkdeutung des SOV kristallisierten sich die farbenreich nuancierte Instrumentierung sowie die originelle Mischung aus barockem und impressionistischem Ton- und Klanggewebe heraus. Doch die kompositorischen Anreize erschöpften sich vor allem in den Mittelteilen ziemlich rasch und zurück blieb ein etwas blasser Gesamteindruck.
In Mozarts „Prager“ Sinfonie mussten die Orchestermusikerinnen und -musiker zuerst das klangliche Gleichgewicht finden. Danach erklangen die Phrasierungsbögen und die kontrapunktischen Themenführungen gut artikuliert und transparent ausgeformt. Als Ganzes betrachtet fehlte der Spielart des Symphonieorchesters Vorarlberg jedoch etwas die für Mozart so typische rhetorische Ausdifferenzierung. Leslie Sugandarajah, designierter Musikdirektor des Salzburger Landestheaters, überzeugte bei seinem Debüt am Pult des SOV, er dirigierte emphatisch, aber unaufgeregt und wirkte dabei sehr elegant.