Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 07. Okt 2019 · Musik

Kompositionen mit unterschiedlichen Aussagegehalten, interpretiert von herausragenden Musikerinnen und Musikern

Die Bludenzer Tage zeitgemäßer Musik fand in diesem Jahr erstmals zum vorverlegten Termin Anfang Oktober statt. Die Intendantin Clara Iannotta hatte unter anderem mit dem britischen Ensemble Distractfold sowie dem israelischen Ensemble Nikel herausragende Musikerinnen und Musiker eingeladen, um aktuelle Kompositionen mit unterschiedlichen ästhetischen Backgrounds zu präsentieren. Unterhaltsam und amüsant wirke die Uraufführung „Graveyard Slot“ von Matthew Shlomowitz. Am meisten Aufmerksamkeit lenkte die Uraufführung des Streichtrios „sottilissime“ von Anna Korsun auf sich.

Hoch professionell spielten die Musikerinnen Linda Jankowska (Violine), Emma Richards (Viola) und Alice Purton (Violoncello) vom Distractfold Ensemble Streichtrios von Christian Winther Christensen, Pierluigi Billone und Anna Korsun. Sie hat im Auftrag der Bludenzer Tage ein Werk mit dem bezeichnenden Titel „sottilissime“ – hauchzart – komponiert. Im Dunkeln spielten die drei Musikerinnen sehr leise und filigrane Liegetöne und intonierten dazu Summtöne, die sie im wahrsten Sinne des Wortes hauchzart driften ließen. So entfalteten sich die Linien und wurden in spannenden Beschleunigungs- und Verlangsamungsprozessen zueinander in Beziehung gesetzt.
Den Sprachcharakter der Musik und die Gestik musikalischer Verläufe sowie den haptischen Charakter, den unterschiedliche Tonqualitäten im übertragenen Sinn verströmen können, brachte das Distractfold String Trio in Pierluigi Billones Werk „Mani.Giacometti“ hervorragend zur Geltung.

Auch Geduld war gefragt

Ausgehend von Beethovens „Ode an die Freude“ schuf Christian Winther Christensen ein „String Trio“. Darin sollte das Miteinander betont werden, doch dieses Vorhaben verunmöglichte der Komponist mit irrwitzig hoch gesetzten Tonlagen. Das Klangerlebnis an sich brachte diese Intentionen eher wenig zum Ausdruck.
Ein weiteres Werk, dessen Intentionen – zumindest bei mir – nicht so recht angekommen sind, war auch beim Konzert mit dem Ensemble Nikel (Brian Archinal, Perkussion; Yaron Deutsch, E-Gitarre; Antoine Francoise, Klavier; Patrick Stadler, Saxophon) zu hören. Die Körperlichkeit der Klänge und die unmittelbare Kommunikation der Spieler untereinander standen im Mittelpunkt des Werkes „witness“ von Mark Barden. Dabei massierten, schlugen, klopften und zupften drei Musiker die Saiten im Korpus des Klaviers, während ein vierter mit dem Bogen die E-Gitarre spielte. Es entwickelten sich im Zusammenspiel mit den Samples und elektronischen Sounds zwar immer wieder klangliche Tiefenwirkungen, die aufhorchen ließen, insgesamt hatte das Werk jedoch zahlreiche Längen.
Zur Uraufführung brachte das Ensemble Nikel auch das Werk „Camilles“ von Katherine Young. In Anlehnung an die Geräusche des Flügelschlages von Schmetterlingen schuf sie feinsinnig aufeinander bezogene, naturhafte Klänge, die sich mithilfe der Elektronik dynamisch steigerten und wieder abebbten sowie jeweils Impulse für nachfolgende Schallereignisse auslösten. Auch dieses Werk erschöpfte sich ziemlich rasch in sich selbst.

Perkussion unter Wasser

„Mouthpiece XXIV“ von Erin Gee erregte durch die Installation der Perkussionsinstrumente die Aufmerksamkeit. Klangstäbe und allerlei andere Utensilien wurden teilweise unter Wasser gespielt, so dass sich ganz eigene Klangqualitäten entfalteten. Diese traten mit der Saxophonstimme in abwechslungsreiche musikalische Dialoge.

Klangerlebnisse zwischen Nacht und Tag

Im Mittelpunkt des Abschlusskonzertes der Bludenzer Tage zeitgemäßer Musik stand das Werk „Graveyard Slot“, das Matthew Shlomowitz für das Ensemble Nikel komponiert hat und nun erstmals aufgeführt wurde. Amüsant spielte der aus Australien stammende Komponist mit unterschiedlichen Zeitfenstern, die jeweils sehr konträre musikalische Ideen hörbar machten. Die kantigen Schnitte zwischen den einzelnen Abschnitten wurden jeweils mit Applaus-Samples voneinander abgetrennt. Rasch setzte sich eine humorvoll verklammerte Erzählstruktur durch, in deren Zentrum eine aufgedrehte Rockband sowie psychodelisch kitschige Vocals standen.