Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Michael Löbl · 11. Jul 2022 · Musik

Klassik Krumbach – ein kleines aber feines Musikfestival im Bregenzerwald

Zwei außergewöhnliche Kammermusikkonzerte konnten alle Musikfreunde, die am vergangenen Wochenende den Weg nach Krumbach gefunden hatten, in der dortigen Pfarrkirche erleben.

Viel Spaß beim Kinderkonzert

Bei fast schon zu traumhaftem Wetter begann der Samstag mit einem Kinderkonzert nachmittags auf der zum größten Teil unbeschatteten Schulwiese. Hat möglicherweise die dazugehörige Schule im Rücken der Musiker die etwas lehrerhafte Präsentation verschiedener Sätze aus Werken von W. A. Mozart beeinflusst? Auch eine zusätzliche Probe wäre wahrscheinlich kein Fehler gewesen. Dann allerdings ein plötzlicher Stimmungswechsel, als die Kinder gefragt wurden, ob sie nicht Lust hätten, selbst einmal etwas zu dirigieren. Eine geniale Idee, auch weil das Ensemble tatsächlich alle Hebel in Bewegung setzte, um die teilweise irren Tempi der mutigen Kids zu realisieren. Alle hatten richtig Spaß und man bekam einen Eindruck, wie Kinderkonzerte eigentlich konzipiert sein sollten.

Eine musikalische Entdeckung

Am Abend dann das erste der beiden großen Konzerte in der Pfarrkirche, in diesem Jahr erstmals mit einem Bösendorfer-Flügel, der extra nach Krumbach geliefert wurde. Ein Konzert der Extraklasse, mit einem wirklich interessanten Programm. Nach drei Stücken für Klarinette, Viola und Klavier von Max Bruch und dem Trio für Violine, Horn und Klavier von Johannes Brahms folgte nach der Pause eine Entdeckung: das Sextett für Klavier, Streicher, Klarinette und Horn von Ernst von Dohnanyi. Ein beeindruckendes Werk voller symphonischer Dramatik, mit einer ungeheuren Spannung vom ersten bis zum letzten Takt, wunderschönen lyrischen Momenten und einem virtuos-witzigen Finale. Das Sextett vereinte alle bei diesem Festival mitwirkende Musiker: Natalia Sagmeister (Violine), die Brüder Georgy und Alexander Kovalev (Viola und Cello), Alex Ladstätter (Klarinette), Zóltan Macsai (Horn) und Veronika Kopjova (Klavier).

Kammermusik vom Feinsten

Die Matinee am Sonntagvormittag begann mit Robert Schumanns Adagio und Allegro für Horn und Klavier, gefolgt von Krzysztof Pendereckis Quartett für Klarinette und Streicher und Mozarts g-Moll Klavierquartett KV 478.
Einen großen Eindruck machte der Auftritt des ungarischen Hornisten Zóltan Macsai, derzeit Solohornist der Staatskapelle Dresden. Mit Brahms, Dohnanyi und Schumann standen drei der anspruchsvollsten Werke der Hornliteratur innerhalb von nur 14 Stunden auf dem Menü dieses Musikers. Er meisterte alle makellos, mit wunderschönem, glänzenden Ton, großer dynamischer Bandbreite und sensibler musikalischer Gestaltung.
Die drei Streicher bildeten ein wunderbares Ensemble und glänzten auch solistisch: Natalia Sagmeister im Brahms-Trio und Georgy Kovalev in den Stücken von Max Bruch. 

Mehr für Eingeweihte

Der folgende Absatz ist wohl mehr etwas für Eingeweihte der Bläserszene. Alex Ladstätter, ab September offiziell Mitglied der Wiener Staatsoper und dann wohl auch bald der Wiener Philharmoniker, spielt eine Klarinette Wiener Bauart im Gegensatz zum Rest der Welt, wo sich – außer in Deutschland – längst die sogenannte Böhm-Klarinette durchgesetzt hat. Ladstätter ist ein perfekter Anwalt für den Erhalt dieser speziellen Klangvorstellung, sein Spiel ist ein Musterbeispiel für die tonlichen Eigenschaften der Wiener Klarinettentradition: der butterweiche aber doch stabile Klang im hohen Register, tonliche Eleganz in der tiefen und mittleren Lage und insgesamt ein unverwechselbar kerniger Sound. Diese Schule sollte unbedingt nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich bewahrt und vor allem unterrichtet werden. So gesehen hat das Landeskonservatorium mit der Verpflichtung eines Böhm-Klarinettisten der österreichischen Klarinettentradition in diesem Bundesland keinen Gefallen getan.

Ein gewaltiges Pensum

Ein besonderes Lob gebührt der Pianistin Veronika Kopjova, die im Laufe der beiden Festivaltage ein unglaubliches Pensum zu bewältigen hatte: Bruch, Brahms, Dohnanyi, Schumann und Mozarts Klavierquartett zum Finale, dessen Solopart mit einem von Mozarts großen Klavierkonzerten gleichgesetzt werden kann. Dabei war sie eine perfekte Kammermusikpartnerin für Streicher und Bläser, immer aufmerksam, zurückhaltend wenn es angebracht war, solistisch, wenn die Musik es zuließ, dazu auch eine sensible Mozart-Interpretin im Finalstück des Festivals.

Krumbacher Sommerfrische

In Krumbach ist ein kleines, feines Festival entstanden, eine Bereicherung der heimischen Musikszene, von der Gemeinde und zahlreichen Sponsoren unterstützt. Bitte unbedingt weitermachen!

www.klassik-krumbach.at