Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Silvia Thurner · 30. Okt 2009 · Musik

Jeder für sich, aber alle gemeinsam - „The Fonda/Stevens Group“ - kurzweilig und mit einem guten Gespür für musikalische Proportionen

Der Bassist Joe Fonda, der Pianist Michael Jefry Stevens, der Perkussionist Harvey Sorgen und der Trompeter Herb Robertson sind ein eingefleischtes musikalisches Team, musizieren sie doch schon seit über fünfzehn Jahren in Quartettbesetzung zusammen. Ihre außergewöhnlich kreative musikalische Kommunikation miteinander war im Rahmen der Jazz& Reihe am Dornbirner Spielboden zu erleben. Ein auffallend harmonischer Grundcharakter und viele bemerkenswerte improvisatorische Passagen, die vor allem durch das facettenreiche und zugleich spektakuläre Spiel des Trompeters belebt wurden, kennzeichneten die Musik.

Das Konzert führte in einem durchdacht aufgebauten Spannungsbogen mit Kompositionen der beiden Bandleader Michael Jefry Stevens und Joe Fonda ohne Pause in eine musikalische Welt, die viele Anreize für ein aktives Zuhören bot. Für Abwechslung sorgten die unterschiedlich angelegten Kompositionen von Stevens und Fonda. Während Stevens von einer Sehnsucht nach Harmonie geleitet und von stilbildenden Motiven aus der Romantik beeinflusst seine Werke anlegte, lebten Fondas musikalischen Ideen von energetisch aufgeladenen Themen.

Transparent und ohne Umschweife

Alle vier Musiker formten die Ausgangsmaterialien virtuos, die Motive wurden verziert und umspielt sowie rhythmisch vielschichtig transformiert. Die ständigen Dialoge und die Aufmerksamkeit, mit der die Musiker die musikalischen Gedanken weiterreichten und übernahmen, bewirkten eine lebendige Unterhaltung, die das Publikum unmittelbar nachvollziehen konnte. Teilweise ergaben sich dabei interaktive Hörschichten. Beispielsweise in „Soon to know“ von Joe Fonda, wo der Pianist dem Trompeter einen musikalischen Gedanken zuspielte, während der Kontrabassist gerade einen Diskurs mit dem Schlagzeuger führte.

Die speziellen Spielarten des Trompeters

Jeder für sich hatte genug Gelegenheit, seine individuellen Stärken auszuformen. Am meisten Eindruck hinterließ die Spieltechnik des Trompeters Herb Robertson. Er spielte viele Passagen mit Dämpfer und identifizierte Themenfragmente durch unterschiedliche Klangcharakteristika. Auf diese Weise entwickelte er beispielsweise in Michael Jefry Stevens Werk „Twelve“ ein vielschichtiges Spiel, das in bewundernswert schneller Abfolge Motivfragmente aufspaltete und zueinander in Beziehung setzte. Damit schuf er eine Erzählstruktur auf mehreren Ebenen. Dies geschah jedoch nie als oberflächliches Virtuosengehabe, sondern stets aus einem musikalischen Zusammenhang heraus. Aufmerksam nahmen die Quartettpartner einzelne Motive auf und führten sie in ihren instrumentalen Welten weiter. Dabei betonte Harvey Sorgen mit Vorliebe die melodischen Qualitäten seines Schlagzeugs. Eine kommunikative Schlüsselfigur war der quirlige Kontrabassist Joe Fonda.

Abdriften vom Ton ins Geräusch

Geistreiche und humorvolle Spielarten pflegte die „Fonda/Stevens Group“ zuhauf. Doch dass sie auch außergewöhnliche Techniken parat haben, die die traditionelle Klangwelt hinter sich lassen, zeichnete ihre Musik besonders aus. So entwickelte sich Stevens „Whale Majesty“ aus einem melodiebetonten Duktus heraus auf eine Metaebene, in welcher der Klangfluss quasi aufgesplittert wurde. Fonda spielte am Steg obertonreiche Töne und driftete in Flageolettklänge ab. Herb Robertson ließ die musikalische Linie mit Flatterzungen und schwingenden Luftsäulen enden, die er ohne Mundstück mit speziellen Lippentechniken erzeugte.