Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Silvia Thurner · 16. Okt 2010 · Musik

Indian Summer mit der Bratsche - Klaus Christa bot mit Leidenschaft und farbenreicher Tongebung ein packendes Konzerterlebnis

Einen musikalisch stilvollen Abend erlebte das Publikum im ORF Funkhaus Dornbirn. Der hierzulande bestens bekannte Bratschist Klaus Christa, Initiator und künstlerischer Leiter der Reihe „Musik in der Pforte“, hatte zu einem Rezital geladen. Auf dem Programm standen Werke von Michael Amann und Murat Üstün sowie Max Regers Solosuiten für Viola. Allen Kompositionen wendete sich der Bratschist mit der gleichen Spiellust und Intensität zu. Eine Entdeckung war die Sonate der englischen Komponistin Rebecca Clarke aus dem Jahr 1919.

„Vom Zauber der Klangfarbe“ lautete das Motto des Soloabends, bei dem Klaus Christa die vielen Facetten der Bratsche zum Klingen brachte. Die Stimmlage der Bratsche liegt im Streichquartett zwischen der Violine und dem Violoncello im mittleren Bereich. Oft hat sie zwar eine sehr wichtige „klangfüllende“ Funktion, allerdings agiert dieses Instrument meistens eher im Hintergrund. Durch ihre dunkle Tonfärbung ist die Bratsche vor allem für romantische Werke prädestiniert. In der zeitgenössischen Musik erlebte sie einen Aufschwung, weil viele Komponisten am mitunter morbiden Klang der Bratsche Gefallen finden.

Spurensuche

Murat Üstün hat sein Werk „Spuren“ Klaus Christa gewidmet. Vor fünf Jahren hat er das Stück im Rahmen der Bregenzer Festspiele uraufgeführt. Nun gab es ein Wiederhören dieses mitteilsamen Werkes, in dem Murat Üstün in mehrere musikalische Felder öffnete. In diese wurden suchende Gesten eingeschrieben. Energische, stehende Akkorde bildeten Zäsuren und Markierungen für klangschöne Passagen, in denen auf der Bratsche auch andere Instrumente impliziert wurden. Verbunden mit einigen melodischen Wendungen, die Anklänge an türkische Melodien beinhalteten, entstanden Klangbilder, die an eine Saz denken ließen. Der feinsinnige Schluss bot Raum für weitere Assoziationen.

Das Licht verflüchtigte sich

Mit Michael Amann verbindet Klaus Christa eine langjährige Freundschaft. Schon mehrere Werke sind in seinem Auftrag entstanden, das Solowerk für Bratsche „Light thickens“ wurde vor einigen Jahren ebenfalls von Klaus Christa uraufgeführt. Darin brachte Michael Amann die Dämmerung mit nuancierten Klangfarben zum Klingen. Das Spiel mit hellen und sich allmählich verdunkelnden Lichtern gestaltete Klaus Christa hingebungsvoll. Zuerst begann der musikalische Fluss mit flirrenden Tongesten und vielgestaltigen Spieltechniken und Stricharten. Ein naturhaftes Ambiente wurde geschaffen, über dem sich das Tongeflecht allmählich beruhigte. Wie in die Einsamkeit geschickt, wurden Töne angetippt, die sich im Umgebungsraum verflüchtigten.

Musikalisch anspruchsvoll und doch schlicht

Max Reger war mit den beiden Suiten für Viola solo in g-Moll und e-Moll, op. 131 vertreten. Kurz vor seinem Tod hat Reger die beiden Werke komponiert. Sie wirkten reflektierend und trugen eine leidenschaftliche Tongebung in sich. Diese kam in den Werkdeutungen von Klaus Christa besonders zum Ausdruck, denn er musizierte mit einem satten, in sich abgerundeten Klang. Die Linienführungen wirkten genau durchdacht sowie transparent angelegt und schillerten auch in den mehrstimmig geführten Passagen.

Impressionistisch und expressiv zugleich

Eine Entdeckung war die Sonate für Viola und Klavier von Rebecca Clarke, die Klaus Christa mit seiner Klavierpartnerin Yukie Togashi präsentierte. Dieses Werk aus dem Jahr 1919 wurde mitreißend gedeutet, sodass die impulsiven Gesten, die ausdrucksstarken Harmonien und die chromatischen Schichtungen gefühlsbetont ineinander fließen konnten. Schwebende Klänge und die Rückführung auf modale Tonbeziehungen zeichneten den Mittelsatz aus. Ein Höhepunkt der intensiven Musikdarbietung war das solo gespielte Lied im abschließenden Adagio, aus dem die Bratsche und das Klavier einen farbenreichen musikalischen Dialog entwickelten. Die Wechsel zwischen den Themenführungen und den Begleitmustern in den Instrumenten führten zu einer farbenreichen, fast orchestral anmutenden Musik. Das Publikum applaudierte begeistert.