Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 02. Jun 2019 · Musik

In die Musik und den Klang eintauchen – Andreas Semlitsch lud das Publikum zum aktiven Zuhören ein

„Klangtauchen“ nennt der Musiker und Komponist Andreas Semlitsch sein Projekt, das er im Kuppelsaal der Vorarlberger Landesbibliothek erstmals präsentierte. Speziell für dieses Vorhaben schuf Andreas Semlitsch drei abwechslungsreich angelegte Werke für Streicherensemble und gründete die Band „String Syndicate“. Die Zuhörenden wurden motiviert, sich frei im Raum zu bewegen, um das Musikerleben zu intensivieren. Teilweise gingen die Vorhaben des Ensembles auf.

Andreas Semlitsch ist Intiator, Ensemblegründer des „String Syndicate“, Komponist, Ensembleleiter und Moderator in einer Person. Sein Anliegen ist es, mit Musikdarbietungen die Menschen zu berühren und zum Austausch und gemeinschaftlichen Erleben zu motivieren. Dazu bedient er sich einer kommunikativen Konzertidee, indem die Musiker im Zentrum eines Stuhlkreises positioniert sind.
Der Kuppelsaal der Landesbibliothek in Bregenz bot ein schönes Ambiente für das Vorhaben „Klangtauchen“. Unter anderem die hallige Akustik kam den Streichern und dem musikalischen Ausdruck entgegen und verstärkte das Klangvolumen effektvoll. Zur Einleitung spielte die Band Semlitschs von ethnischer Musik inspiriertes Stück mit dem Titel „Holy Well“. Die luftigen Pizzicati der Geige sowie die Loops der tiefen Streicher ergaben eine meditative Grundstimmung und öffneten die Sinne für das Kommende.

Quer durch die Stilrichtungen

In seine kompositorischen Inspirationsquellen gab Andreas Semlitsch Einblicke und erläuterte anhand von Tonbeispielen auch die Transformation von Ausgangsideen in unterschiedliche Stilrichtungen. Mitunter stellte sich dabei eine – zumindest meiner Wahrnehmung nach – unfreiwillige Komik ein und einige psychologische Grundgedanken wirkten allzu langwierig dargelegt. Für die Rezeption der Musik wären keine derart ausführlichen Moderationen notwendig gewesen. Durch die Erläuterungen des musikalischen Leiters an seine Musikerkollegen entstand zudem eine Probenatmosphäre, die der intendierten Grundstimmung wenig zuträglich war.
Das zentrale Werk des Abends stellte die Komposition „Werkstück“ dar, ein Konglomerat aus musikalischen Szenen, die verschiedenste musikalische Ausdrucksstile durchwanderten. Nach einem spannenden Beginn mit Motivverflechtungen, die an Schubert denken ließen, führte der musikalische Fluss relativ rasch in jazzphrasierte Passagen. Einige Dialoge zwischen der Violine und dem Kontrabass erregten die Aufmerksamkeit bevor die Musik in einen lateinamerikanischen ‚Happy Sound‘ mündete. Die Möglichkeit, sich während der Performance frei im Raum zu bewegen, den Musikern über die Schultern und in die Notenblätter zu blicken sowie die Musik aus verschiedenen Perspektiven zu hören, nahmen die Zuhörenden gerne wahr und boten eine reizvolle Abwechslung.
Im Werk „Dolor“ öffnete das Ensemble über einer Zeitachse, die mit dem Triangel markiert wurde, einen musikalischen Raum für das empfindsame, mit hoher Strichintensität zelebrierte, Hauptthema. Auch „Choice“ enthielt reizvolle Ideen und spannende Klangschichtungen. Hier stellte sich jedoch die Frage, wohin sich der musikalische Fluss entwickelt, wenn alles schon gesagt ist und das Ende noch nicht kommen soll.
Die Klammer zum Beginn schlossen die Musiker, die den Intentionen des Komponisten und Bandleaders aufmerksam folgten, mit der Wiederholung von „Holy Well“.

Bemerkenswerte Ausgangsideen

Nicht alle Vorhaben von Andreas Semlitsch ließen sich an diesem Abend in die Tat umsetzen, zumal das Publikum auch nicht an sprachlichen Austausch mit den Musikern interessiert schien. Den Versuch, das aktive Zuhören mit neuen Ideen zu füllen, setzten Andreas Semlitsch und sein „String Syndicate“ (Anna Tropper, Igmar Jenner, Tomas Novak, Edilberto Fonseca, Andreas Semlitsch | Violine; Balázs Dankó, Gregor Fussenegger | Viola; Dejan Ivanović, Fabian Jäger | Violoncello und Valentin Czihak | Kontrabass) engagiert um.