Ethan Coen hat seinen ersten Spielfilm als Soloregisseur gedreht: „Drive-Away Dolls“. (Foto: Focus Features)
Silvia Thurner · 18. Okt 2021 · Musik

„Im Spiel verrinnt die Zeit wie im Flug, denn sie steht still“ – Klaus Christa und sein Team legen ein vielschichtiges Pforte-Programm 2022 vor

Die Kammermusikreihe „Musik in der Pforte“ hat sich in den vergangenen Jahren zu einer umfassenden musikalisch-kreativen und sozialen Kulturinitiative entwickelt, die ihresgleichen sucht. Klaus Christa präsentierte im Rahmen eines Pressegesprächs im Feldkircher Pförtnerhaus das umfangreiche Pforte-Programm 2022 und ließ mit manchen neuen Ideen aufhorchen. Unter dem Leitgedanken „Spiele auf dem Weg“ stehen sechs Abonnementkonzerte. Komponistinnen spielen eine wesentliche Rolle in den Programmen, sei es auf der Konzertbühne, in Kompositionsaufträgen oder in Einspielungen wiedergefundener Werke. Mit Hauskonzerten und einem neu ins Leben gerufenen „Mutmacherkonto“ engagiert sich die Pforte überdies auch sozial.

In seinem Tun und Wirken begegnet Klaus Christa unentwegt Menschen, und Musiker:innen, die ähnliche Lebenseinstellungen und Freude am kreativen Gestalten haben. Auch deshalb weiten sich der Kreis der Pforteaktivitäten und der Aktionsradius von „Musik in der Pforte“ stetig.
Der kulturelle Stillstand während der Coronazeit hat vielen den Boden unter den Füßen weggezogen. Besonders betroffen waren beispielsweise jene Studierenden am Vorarlberger Landeskonservatorium, die aus wenig privilegierten Familien und Ländern kommen und deshalb ihr Studium selbst finanzieren müssen. Als
Lehrender am Vorarlberger Landeskonservatorium und als Mentor der „Mangaung String Programmes“ und des Bochabela String Orchestras in Südafrika kennt Klaus Christa die Nöte der Studierenden bzw. Stipendiat:innen. Musik in die Wohnräume möglichst vieler Menschen zu bringen, war der Grundgedanke der vorerst digital stattfindenden „Pforte Hauskonzerte“. Nun hat sich das Projekt weiterentwickelt und die Pfortemusiker:innen können privat gebucht werden, wer möchte sogar mit Catering. Sämtliche Spenden der Gastgeber gehen auf das Mutmacherkonto.

Matthias Schorn und Pawel Zalejski

Die laufende Saison endet Ende November 2021 und die neue Saison beginnt im Februar 2022 mit dem Pforte-Kammerorchester. Im gemeinsamen Spielen ohne Dirigenten spiegelt sich eine bedeutende Botschaft von „Musik in der Pforte“ wider. Denn die wichtigste Spielregel besteht darin, aufmerksam aufeinander zu hören. Die Freundschaft mit dem Klarinettisten Matthias Schorn hat sich weiter vertieft, so dass der Musiker auch in der kommenden Saison bei der Pforte zu Gast ein wird. Gemeinsam mit Klaus Christa interpretiert Matthias Schorn Brahms‘ Doppelkonzert für Klarinette und Viola, op. 88. Die musikalische Leitung des Pforte-Kammerorchesters übernimmt der in Vorarlberg bestens bekannte Konzertmeister Pawel Zalejski.
Zum Spiel passt auch die Maskerade. Henry Purcell war ein Meister des musikalischen Täuschens, des humorvollen Bluffs und der Entlarvung. Spielereien dieser Art spüren Johannes Hämmerle, die Sopranistin Andrea Lauren Brown und ein Barockensemble im zweiten Abokonzert nach.

Komponistinnen vor den Vorhang

Seit Jahren legt Klaus Christa ein besonderes Augenmerk auf Komponistinnen der Vergangenheit und der Gegenwart. Auch im aktuellen Pforte-Programm nehmen sie eine wesentliche Rolle ein. Im Auftrag der Pforte komponieren Ursula Reicher, Verena Zainer, Raphaela Fröwis und Baran Mohammadbeigi. Die Werke von Maria Bach und Johanna Müller-Hermann hat Klaus Christa bereits erfolgreich aus den Archiven ans Tageslicht befördert. Die hervorragenden Werkdeutungen haben über die Landesgrenzen hinaus Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. In Kooperation mit dem Südwestrundfunk erscheint im Februar 2022 ein Album mit Musik von Maria Bach. Und die Aufführung des Streichquintetts von Johanna Müller-Hermann führte zur britischen BBC, wo das Werk nun publiziert wird.

Europa trifft Südafrika im Streichsextett

Grenzen in jeder Hinsicht überschreiten und Brücken schlagen in unterschiedliche Lebens- und Kunstbereiche sind wesentliche Anliegen des Pforte-Teams. Das fünfte Abonnementkonzert ist Ausdruck eines kulturellen Austausches, den es in dieser Form wohl noch nie gegeben hat. Drei Musiker:innen aus Europa und drei aus Afrika machen sich gemeinsam auf den Weg. So trifft Musik von Antonin Dvorak auf eine neue Komposition von Musawenkosi Mdluli. Mit diesem Konzertprogramm geht das Streichsextett anschließend auf Tournee südlich und nördlich des Äquators.
Spielen, kreatives Schaffen, die Selbstvergessenheit, die Freude am aktiven Tun und miteinander Gestalten haben auch viel mit Humor zu tun. Über sich selbst lachen  können und dabei die Leichtigkeit spüren, werden vornehmlich Bratsch:innen im sechsten Abonnementkonzert. Im Rahmen eines Konzerttheaters wird das Instrument, über das die Musikerkolleg:innen am liebsten Witze machen, ins rechte Licht gerückt.
Zur „Pforte für alle“ wurde im vergangenen Jahr mit großem Erfolg geladen. Hier trafen sich Profis, Studierende und Laien aus purer Lust am gemeinsamen Musizieren, ohne Noten zum spielerischen Miteinander.

Art Brut aus Gugging

Ein Besuch vom Claudia und Klaus Christa in der galerie gugging in Klosterneuburg hatte weitreichende Folgen, denn sogleich spürten sie, dass die Künstler:innen und das Team in Gugging mit der gleichen Freude, dem Enthusiasmus und auf gleicher Wellenlänge wirken wie sie selbst. Die bunt bebilderte Jahresbroschüre sowie eine Verkaufsausstellung mit Werken der galerie gugging in Vorarlberg vermitteln einen ersten Eindruck dieser freudvollen Begegnung. „Scheinbar intuitiv verband sich da etwas, das irgendwie schon zusammengehörte – vom ersten Zusammentreffen bis zum Schreiben dieses Textes, der nun im Pforte Jahresprogramm 2022 gelandet ist, ging alles leicht von der Hand, als wären wir von einer unsichtbaren Kraft geleitet worden, um der Liebe zur Musik und Kunst zu einem gemeinsamen Höhenflug zu verhelfen“, freut sich das Team der galerie gugging.

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