Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Silvia Thurner · 04. Mai 2012 · Musik

Humorvoll, romantisch und dramatisch – zum Abschluss der Abonnementreihe „Dornbirn Klassik“ boten die Stuttgarter Philharmoniker gehaltvolle Werkdeutungen

Unter dem Leitgedanken „Die Macht des Schicksals“ präsentierten die Stuttgarter Philharmoniker im Rahmen von „Dornbirn Klassik“ mit Werken von Haydn, Bruch und Prokofieff ein abwechslungsreiches Konzertprogramm. Im Mittelpunkt stand die Geigerin Nicola Benedetti, die im berühmten Violinkonzert von Max Bruch vor allem die emotionale Tiefe der Themen auslotete. So richtig in Fahrt kamen die OrchestermusikerInnen mit Stefan Blunier am Dirigentenpult in Prokofieffs Orchestersuite „Romeo und Julia“. Vor allem die Konflikte der verfeindeten Familien der Montecchi und Capuleti mit allen Konsequenzen wurden dramatisch dargestellt.

Wie ein „Vorspann“ wirkte die Interpretation der Sinfonie Nr. 96 in D-Dur von Joseph Haydn. Eher unsicher zu Beginn formten die Musiker die anschließenden Hauptthemen vor allem mit dynamischen Konstrastwirkungen aus. Detailreich führte Stefan Blunier die Orchestermusiker im Andante, in dem der für Haydn so typische Humor mit einer feinsinnigen Themenführung und Tongebung unterstrichen wurde.

Selbstbewusst

Die attraktive Geigerin Nicola Benedetti hatte als Solistin mit dem Violinkonzert Nr. 1 von Max Bruch einen überzeugenden Auftritt. Temperamentvoll stellte sie die raumgreifenden Gesten im Eröffnungssatz in den Raum. Den langsamen Satz entfaltete die Solistin leidenschaftlich und empfindsam im Ausdruck. Vor allem die nuancierte Tongebung und die Korrespondenzen mit dem Orchester bewirkten stimmungsvolle Steigerungen. Nicola Benedetti begeisterte durch ihre natürliche Ausstrahlung. Darüber hinaus intensivierte die Hingabe, mit der das Orchester den Violinpart trug, die musikalische Ausdruckskraft. Etwas kantiger hätte der erste Einsatz des Hauptthemas im abschließenden Finale erklingen können. Doch energisch steigerten das Orchester und Stefan Blunier den Duktus. Sogleich nahm die Solistin die Herausforderung an und es entstand ein lustbetonter musikalischer Wettstreit.

Kraftvoll

Nach der Pause stellte Stefan Blunier mit dem großen Orchesterapparat seine Meisterschaft in der Klanggestaltung und Klangmalerei unter Beweis. Höchst dramatisch wurden die tragischen Ereignisse rund um das Schicksal von Romeo und Julia und den verfeindeten Familien dargestellt. Gleißende Blechbläserklänge stellten die MusikerInnen schubartig in den Raum, unmittelbar daraus wurde ein feinsinnig gewobener Klangteppich entwickelt. Wer die tragischen Ereignisse rund um die Liebe von Romeo und Julia kennt, verstand die unterschwellige, emotionale Gewalt, die von dieser Passage ausging. So wurden die ZuhörerInnen mitten ins Geschehen geführt. Die Interpretation der berühmten Szene von Romeo und Julia gelang nicht optimal und bot deshalb wenig Entspannung. Vorherrschend war eine geballte musikalische Kraft, die im Abschnitt „Tybalts Tod“ kulminierte. Die Stuttgarter Philharmoniker folgten den klaren Gesten von Stefan Blunier prompt und lieferten eine energiegeladene Werkdeutung.