Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Silvia Thurner · 09. Nov 2021 · Musik

Guntram Simma und das „Collegium Instrumentale“ verströmten bei „Dornbirn Klassik“ viel Energie und Aussagekraft

Das „Collegium Instrumentale Dornbirn“ unter der Leitung von Guntram Simma hatte beim zweiten Abonnementkonzert im Rahmen von „Dornbirn Klassik“ seinen Auftritt. Viele Musikbegeisterte ließen sich dieses Ereignis nicht entgehen und erlebten im Dornbirner Kulturhaus einen inspirierenden Konzertabend. Die Interpretation des ersten Klavierkonzertes mit der Solistin Jasminka Stancul beeindruckte in mehrerlei Hinsicht, Entspannung bot Smetanas „Moldau“ und höchst eindrücklich wirkte die Uraufführung des symphonischen Stückes „Protest“ des amerikanischen Komponisten Frank Stemper. Einmal mehr bewies Guntram Simma Mut und machte deutlich, dass Musik nicht nur zur seelischen Erbauung dienen, sondern auch aufrütteln kann.

Das Collegium Instrumentale spielte bei "Dornbirn Klassik" in großer Besetzung. Im Orchester fanden viele junge Gesichter und manche ältere „Semester“ zusammen und gemeinsam wurde mit viel Eigenverantwortung und höchster Konzentration musiziert. Alle saßen auf den Stuhlkanten und der Wille an diesem Abend mit einem anspruchsvollen Programm das Beste zu geben, war von Beginn an spür- und beeindruckend hörbar.
Seit Jahren vergibt der Orchesterleiter und Dirigent Guntram Simma Aufträge, um neue Kompositionen mit „seinem“ Collegium zu erarbeiten. Das ist weitsichtig, denn damit erfahren die Orchestermusiker:innen und das Publikum, dass Musik unserer Zeit eine gesellschaftliche Relevanz haben kann. Frank Stemper komponierte für das Collegium Instrumentale ein aufrüttelndes, gesellschaftskritisches Werk, bei dem der Titel zugleich Programm war. Stimmen, Rasseln, harte Schläge durch massive Akkordballungen und ein Streicherlamento waren die musikalischen Ausgangsmaterialien, mit denen Frank Stemper in mehreren Anläufen konfliktgeladene Spannungszustände in Musik fasste. Der musikalische Fluss brach immer wieder ab, driftete auseinander oder führte ins Leere. Und genau in diesen Momenten, wenn nichts mehr blieb, erklangen die Rasseln, entweder von einzelnen Pulten oder mit eindringlichem Ausdruck von allen gemeinsam. Ein Lamento der Streicher verströmte am Ende dieses aussagekräftigen Werkes eine große eruptierende Kraft.

In großem Einverständnis

Jasminka Stancul musizierte bereits öfters mit dem Collegium Instrumentale. Dass die „Wellenlänge“ zwischen dem Dirigenten, den Orchestermusiker:innen und der Pianistin stimmt, war in der Werkdeutung von Beethovens erstem Klavierkonzert gut nachvollziehbar. Das Orchester und Guntram Simma formten die Themen straff und exakt aus und dynamisches An- und Abschwellen der Lautstärke gab den Phrasierungsbögen einen lebendigen Ausdruck. Jasminka Stancul spielte mit perlender Anschlagsdynamik und forderte das Orchester kommunikativ heraus. Die Vortragsbezeichnung „largo“ im zweiten Satz nahm Guntram Simma wörtlich. Die Themen erklangen in einem gedehnten Zeitmaß, jedoch nie sentimental und das verlieh der Musik eine große Wirkkraft, die sich im sprühenden Finalsatz wirkungsvoll und energetisch entladen konnte.
Die „Moldau“ von Bedrich Smetana formte Guntram Simma am Pult mit viel Dynamik aus. Einesteils fehlte der Werkdeutung mitunter eine ausgeglichene innere Ruhe, um die sich allmählich auftürmenden kleinen musikalischen Floskeln mit fließendem Ausdruck zu schichten. Andernteils kamen in der Spielart des Orchesters der rustikale Bauerntanz und der monumentale Charakter der hymnischen Blechbläserpassagen hervorragend zur Geltung.