„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Silvia Thurner · 13. Okt 2019 · Musik

Folk, Soul, Tango, Jazz und Klassik – fantasievolle und kreative Musikerinnen und Musiker bei :alpenarte

Die Cellistin und Singer-Songwriterin Marie Spaemann ist Intendantin in Residence des Festivals :alpenarte in Schwarzenberg. Mit ihrem Auftritt bei der diesjährigen Eröffnung der Wiener Festwochen sowie ihrer vor wenigen Wochen erschienen Solo-CD „Gap“ erregte die attraktive Musikerin weit über die Landesgrenzen hinaus Aufmerksamkeit, auch deshalb wurde diese :alpenarte- Festivalausgabe mit Spannung erwartet. Unter dem Leitgedanken „The Art of Song“ präsentierten Marie Spaemann sowie Bryan Benner (Bariton), Christian Bakanic (Akkordeon) auch eigene Kompositionen und versetzten damit die Zuhörenden in euphorische Stimmung. Weniger Kreativität legten die Musikerinnen und Musiker bei der Interpretation des berühmten „Forellenquintetts“ von Franz Schubert an den Tag.

Das „Experimentalkonzert – The Art of Song“ eröffnete der amerikanische Bariton, Singer-Songwriter und Gitarrist Bryan Benner mit eigenen Liedern. Der ausgebildete Opernsänger strahlt eine sympathische Natürlichkeit aus und genau mit diesem Charme hatte er die Zuhörenden sogleich auf seiner Seite. Sein warmes Timbre und die satte, aberflexibel geführte und fein nuancierende Stimme verliehen seinen Songs eine persönliche Note, die auch das fröhlich wirkende Naturell des Sängers zum Ausdruck brachten.

Lieder vom und über das Leben

Die Lieder „The Modern Man“ sowie das Liebeslied „The Good Fear“ mit Nika Bauman an der Flöte boten gute Unterhaltung. Farbe brachte das in Moll gesetzte, mit einer Bordunbegleitung und beschwingten Zwischenspielen versehene „Bougainvillea Lied“ ein und „Floating Down The Nihilism“ lenkte den musikalischen Blick zum Folk. Schließlich lud Bryan Benner Aoife Ni Bhriain (Violine), Nika Baumann (Flöte), Jura Herceg (Kontrabass) und Christian Bakanic (Akkordeon) zum gemeinsamen Improvisieren ein. Doch so recht mochten ihm seine Musikerkolleginnen und -kollegen nicht folgen, denn sie begleiteten den Sänger eher zurückhaltend und kamen nicht über den vorgegebenen harmonischen Rahmen hinaus.

Soul und viel Emotion

Den Höhepunkt des Konzertes setzte Marie Spaemann solo mit dem Lied „Mellow Ds“. Darin verband die Sängerin, sich selbst am Cello begleitend, ein arabisches Liebeslied mit einem hebräischen Lied. Marie Spaemann sang mit viel Emotion und einer facettenreichen Soul-Stimme. Als Singer-Songwriterin verströmte sie etwas im positiven Sinn „Zwingendes“. Ihre Gesangskunst zog die Zuhörenden in ihren Bann und ihre Spieltechniken am Cello wirkten außergewöhnlich. So klang ihr Instrument in „Story of Inconsequence“ zeitweise wie eine arabische Ud und in „Shadow“ diente es auch zur Perkussion. Besonders in diesem Stück sowie in „Butter Tango“ zeigte sich, dass die Cellistin und Christian Bakanic eine ausgeprägte Ader zum Jazz und zum Tango haben und diese Genres ganz selbstverständlich in ihre Musik miteinbeziehen. Als Duo sind die Cellistin und der Akkordeonist ein eingespieltes Team. Er unterstrich die Linien der Sängerin, war aber gleichzeitig sehr präsent bei Zwischenspielen und Übergängen. Den Song „Fire“ peppte das Duo etwas unvermittelt mit Sara Domjanic und Aoife Ni Bhriain an den Violinen sowie Jura Herceg am Kontrabass auf.

Am Notentext verhaftet

Im zweiten Teil stand Schuberts „Forellenquintett“ auf dem Programm. Wer sich auch hier eine eigene Handschrift oder gar eine interpretatorische Experimentierfreude erwartet hatte, wurde enttäuscht. Sara Domjanic, Aoife Ni Bhriain, Isidora Timotjevic (Viola), Marie Spaemann, Jura Herceg und Anna Magdalena Kokits (Klavier) musizierten zwar engagiert, in manchen Abschnitten jedoch allzu zaghaft. Vielleicht vor lauter Ehrfurcht vor dem Notentext, zeigten die hervorragenden Musikerinnen und Musiker bei weitem nicht jene Courage und jugendliche Offenheit, die die erste Programmhälfte zu einem besonders gelungenen Konzerterlebnis machte.
Dem berühmten Hauptthema aus Schuberts „Forelle“ verliehen Bryan Benner und Christian Bakanic am Akkordeon dann doch noch einen unbekümmert kreativen Touch. Originell transferierte der Sänger das bekannte Thema in einen Jodler, lud das Publikum zum Mitjodeln ein und sorgte damit für Hochstimmung im Saal.