Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 07. Jun 2021 · Musik

Endlich wieder Musik im Reichenfeld – Das Sinfonieorchester des Landeskonservatoriums unter der Leitung von Benjamin Lack sowie die Solistinnen Héléna Macherel und Ayleen Weber wurden stürmisch gefeiert

Nach monatelanger Stille füllte sich der Festsaal des Vorarlberger Landeskonservatoriums wieder mit Leben. Endlich konnte zum sinfonischen Konzert geladen und den beiden Solistinnen Héléna Macherel an der Flöte und Ayleen Weber am Saxofon eine Bühne geboten werden. Unter der Leitung von Benjamin Lack versetzten die Solistinnen und das Orchester die Zuhörenden mit Mozarts Flötenkonzert KV 314 sowie dem Concertino da Camera von Jacques Ibert in Staunen. Zum Abschluss präsentierten die Orchestermusikerinnen und -musiker mit Joseph Haydns letzter Sinfonie Nr. 104 ihren Wagemut und die große Lust am musikalischen Gestalten.

Beim Solistenwettbewerb des Landeskonservatoriums im vergangenen Jänner kürte eine fünfköpfige Jury aus 45 Bewerbungen die beiden Musikerinnen Héléna Macherel und Ayleen Weber mit den ersten beiden Plätzen. Sie erhielten nun ein Podium, ihre Musikalität und Virtuosität an der Flöte sowie am Saxophon unter Beweis zu stellen.

Die 1995 in Lausanne geborene Flötistin Héléna Macherel absolvierte bereits ein Studium, unter anderem an der renommierten Juilliard School in New York und war nun ein Jahr lang Studentin bei Nolwenn Bargin am Vorarlberger Landeskonservatorium. Die Coronazeit nutzte die Musikerin, um zwei neue CDs zu produzieren.

Dass Héléna Macherel bereits eine abgeschlossene Ausbildung hinter sich und ihre Musikerinnenkarriere erfolgreich gestartet hat, wurde in ihrer Werkdeutung von Mozarts Flötenkonzert KV 314 rasch offenkundig. Mit einem wunderbar obertonreichen und warmen Flötenklang gestaltete sie den Solopart. Sie formulierte die Hauptthemen lyrisch aus und gab jeder Phrase eine genaue Zielvorgabe, so dass die harmonischen Modulationen hervorragend herauskristallisiert erklangen. Verzierungen und gespaltene Tonlinien spielte Héléna Macherel mit großer Leichtigkeit. Im Adagio betonte sie die gesangliche Linie feinfühlig. Das Hauptthema im Finale wirkte mit viel Esprit ausgestaltet. Dieses Thema hat Mozart auch in seiner Oper „Die Entführung aus dem Serail“ verarbeitet und so konnten die Worte aus der Arie des Blondchens „Welche Wonne, welche Lust herrscht nunmehr in meiner Brust“ als Motto für die Werkdeutung des Flötenkonzertes mit der Solistin Héléna Macherel und dem Sinfonieorchester des Landeskonservatoriums verstanden werden.

Die Musikerinnen und Musiker gestalteten den Orchesterpart mit viel Bedacht auf Leittonwirkungen aus. Sie benötigten jedoch einige Zeit, um zu einer ausgeglichenen Ruhe zu finden, deshalb wirkte das Orchester mitunter etwas dominant.

Ayleen Weber war die zweite Solistin der stimmungsvollen Matinee im Festsaal des Landeskonservatoriums. Vor wenigen Tagen maturierte sie am Musikgymnasium Feldkirch. Ihren Unterricht bei Fabian Pablo Müller beendet sie nun und beginnt ab Herbst ein Studium in Amsterdam. Die Coronazeit kam der Musikerin insofern entgegen, als sie Zeit fand, sich gebührend auf die Aufnahmeprüfung vorzubereiten.

Im Hinblick auf virtuose Spieltechniken hatte es das „Concertino da camera“ von Jacques Ibert in sich. Souverän schöpfte die Saxofonistin aus dem Vollen, agierte temperamentvoll und verströmte im Allegro con moto eine quirlige Energie. Mit einem entspannten Luftfluss und schönem Vibrato entfaltete die Solistin die Solopassage im Larghetto und kostete dabei die in sich ruhende Klangfläche aus. Voll in ihrem Element war die Musiker im abschließenden Allegro, bei dem atemberaubend schnelle, rhythmische Tonketten souverän ausgespielt erklangen. In ihre Kadenz baute Ayleen Weber wirkungsvolle Slap tongues ein und trat in eine muntere Kommunikation mit dem Orchester. Dieses nahm die rhythmisch-melodischen Herausforderungen des Ibert-Konzertes offensiv an und war der Solistin ein guter Partner.

Die Freude des Zusammenwirkens

Abschließend interpretierte das Symphonieorchester des Landeskonservatoriums Joseph Haydns letzte Sinfonie, die Nr. 104. Motivierend leitete Benjamin Lack die Musikerinnen und Musiker und ein großer Gestaltungswille war spürbar. Dabei zielte die Spielart des Orchesters auf transparente Phrasierungsbögen ab, schubartig gestaltete Crescendi verliehen Schwung. Besonders im langsamen Satz war erlebbar, dass die Musikerinnen und Musiker aktiv aufeinander hörten und einen guten Stimmenausgleich suchten. Der berühmte Humor von Joseph Haydn kam im Menuett zur Geltung. Doch in diesem Satz zeigte sich auch, dass eine rustikale Spielart und ein polternder Ausdruck nahe beieinander liegen. Der Bordun und der schottische Touch des Hauptthemas gaben im Finalsatz die Richtung vor.

Die Studierenden waren vom Coronastillstand ganz besonders betroffen. Zwar hatten sie mehr Zeit für ihr Instrument und das Üben zur Verfügung, doch gleichzeitig waren sie zur Einsiedelei verdammt. Im Ensemble oder gar im Orchester miteinander zu musizieren, war viel zu lange Zeit nicht möglich. Dass diese „Auszeit“ für die Orchesterarbeit nachteilig war, versteht sich von selbst und dies war auch in der Orchestermatinee zu hören. Doch ein großer Gestaltungswille ging von jeder und jedem Einzelnen aus und so wurde ein guter und freudvoller Wiederanfang gesetzt.