Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Peter Füssl · 04. Mär 2018 · Musik

Emotional aufgeladene Coolness - Schmieds Puls begeisterten am Dornbirner Spielboden

Mira Lu Kovacs, im Burgenland geboren, in Niederösterreich aufgewachsen und im Jazzlokal "Porgy & Bess" und in der Jazzwerkstatt Wien musikalisch sozialisiert, hat gemeinsam mit Drummer Christian Grobauer und Bassist Walter Singer als Schmieds Puls bislang zwei Alben herausgebracht. Am Spielboden spielte das Trio sowohl Songs aus ihrem 2013 erschienenen Debüt "Play Dead" wie aus dem 2015-er Album "i care a little less about everything now", und bot mit einigen neuen Stücken auch schon einen kleinen Vorgeschmack auf das dritte Album der Band, das noch heuer herauskommen soll.

„Dark Songwriting“ zwischen Prog-Folk, Jazz und Grunge

Als „Dark Songwriting“ stellte die Endzwanzigerin dem Spielboden-Publikum ihre Musik vor, die sich schwer in eine Schublade stecken lässt und dadurch umso mehr fasziniert. Zwar hat Kovacs bei Elfi Aichinger und Agnes Heginger – sicherlich exzellente Adressen zur Förderung selbstbewusster Querdenkerinnen  – zwei Jahre lang Jazz-Gesang studiert, aber qualitätsvoll aufgepepptes Songwriting à la Joni Mitchell liegt ihr hörbar näher – irgendwo im Spannungsfeld zwische Prog-Folk, Jazz und Grunge. Auch wenn sie mitunter zur E-Gitarre greift, versprüht das Oeuvre von Schmieds Puls über weite Strecken einen akustischen Charakter. Geprägt durch eine unkonventionell gestimmte oder schlicht verstimmte – wer will das schon so genau wissen? – Akustikgitarre, mit der Mira Lu Kovacs stets die passenden Stimmungen zu ihren Songs zaubert. Der seinen Kontrabass gefühlvoll zupfende oder streichende Singer und der manchmal handfest scheppernde, zumeist aber dezent rhythmisch untermalende Grobauer stellen Kovacs permanent ins Rampenlicht, was diese geschickt zu nutzen versteht. Wobei die Devise „Weniger ist mehr“ lautet , denn diese Musik schöpft ihre beachtliche Kraft aus den Mitteln der Einfachheit und der Reduktion.

Zugleich packender und eleganter Gesang als Vehikel für kunstvolle Texte

Wirklich unter die Haut geht Mira Lu Kovacs‘ glockenklare, ausdrucksstarke Stimme, die auch in höheren Tonlagen angenehm ins Ohr geht und eine Atmosphäre emotional aufgeladener Coolness verbreitet. Ob zarteste Zupfbegleitung oder dreckig-harte Grunge-Attacke, der Gesang schwebt stets packend und elegant zugleich über den dynamisch alle Möglichkeiten auslotenden Instrumenten, und dient als ideales Vehikel für die kunstvollen Texte der jungen Songwriterin. Die bewegen sich im Spannungsfeld zwischen ganz großen Gefühlen und der Angst vor Agonie und Gefühlskälte, zwischen Empathie und Abschottungsmechanismen. Die Songs erzählen keine Geschichten, sondern schaffen durch interessante Sprachbilder und Stilmittel Stimmungen und Atmosphären, die vieles offen lassen, zumeist düster sind, mit denen man sich aber trotzdem irgendwie wohlfühlt. Kleine ironische Blitzlichter miteingeschlossen, die auch in der Kommunikation mit dem Publikum zu tragen kommen. Der Spielboden-Auftritt machte jedenfalls gespannt auf das dritte Album, auf dem sich Songs wie „The Walk“ befinden werden, zu dem sich Kovacs bei einer wunderschönen Wanderung durch die minus 13 Grad kalte kanadische Wildnis inspirieren ließ; aber auch das im Zustand völliger Erschöpfung entstandene „Exhausted“, das sich allerdings ziemlich grungemäßig gegen jegliche Müdigkeit aufzulehnen scheint, oder das bereits als Vorab-Single erschienene „Easy“.