Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Silvia Thurner · 05. Apr 2011 · Musik

Ein Orchesterkonzert als in sich stimmiges Ganzes – Die Wiener Symphoniker unter Bertrand de Billy boten feinsinnige Hörerlebnisse

Die Wiener Symphoniker gastieren alljährlich im Rahmen der Bregenzer Meisterkonzerte im Festspielhaus. Anstatt des kürzlich verstorbenen Yakow Kreizberg leitete Bertrand de Billy das Orchester mit Werken von Weber und Dvorak. Glanzvoller Höhepunkt des Abends war die Werkdeutung des Klarinettenkonzertes von W.A. Mozart. Reinhard Wieser, Soloklarinettist der Wiener Symphoniker, spielte mit einer atemberaubenden Tongebung und einem bislang selten so gehörten Pianissimoklang.

Eröffnet wurde der stimmige Konzertabend mit der berühmten "Oberon"-Ouvertüre von Carl Maria von Weber. Gemäßigte Tempi leiteten in die Musik ein, die eine poetische Erzählstruktur entfaltete. Beziehungsreich ausgelotet wurde der Gegensatz zwischen den idyllisch und den bedrohlich wirkenden Motivgruppen. Klangfarbenreiche, märchenhafte Passagen sowie Naturschilderungen gestalteten die MusikerInnen mit Bedacht aufeinander und mit einem ebenmäßigen Orchesterklang.

Solist mit endlosem Atem

Ein homogener Orchesterklang lag auch der Interpretation des Klarinettenkonzerts von W.A. Mozart zugrunde. Vom ersten bis zum letzten Ton zog Reinhard Wieser das Publikum in seinen Bann, denn er spielte auf seiner Bassettklarinette mit einem bewundernswert fülligen und abgerundeten Klang in allen Lagen. Auffallend war die Kommunikation, die der Solist mit seinen MusikerkollegInnen führte. Aus der Sprache entwickelte musikalische Motive bewirkten einen rhetorischen Charakter mit anregenden Dialogen untereinander. Individuell gestaltete Artikulationsmuster und Akzentuierungen ließen immer wieder aufhorchen, so wurde das allseits bekannte Konzert zu einem außergewöhnlichen Hörerlebnis. Überdies schien Reinhard Wieser einen endlosen Atem zu besitzen. Die Art wie er mit einem abschnittweise beinahe tonlosen Pianissimo das Adagio zelebrierte, löste Bewunderung aus. Bei der Zugabe, einem Teil aus Valentino Bucchis „Concerto“ aus dem Jahr 1969, zeigte der Solist außerdem, dass er viel Sinn für musikalischen Humor besitzt.

Folkloristisches in symphonischer Gestalt

Abschließend interpretierten die Wiener Symphoniker und Bertrand de Billy die Symphonie Nr. 9, op. 95 „Aus der Neuen Welt“ von Antonin Dvorak. Auch in diesem Werk gelang den Musikern und dem Dirigenten eine individuelle Werkdeutung mit kristallklar heraus gestellten solistischen Bläserpassagen. Die zugrunde liegenden folkloristischen Themen erklangen mit einem passend lockeren Swing, der die amerikanische Volksmusik gut charakterisierte. Bertrand de Billy formte die Musik plastisch und mit einer klaren Diktion. Er war ganz bei den Musikern und in der Musik, so dass die musikalischen Themengestaltungen bildhaft modelliert wurden. Darüber hinaus bot die Verklammerung der Themen zwischen den Sätzen wirkungsvolle Anhaltspunkte und Hörperspektiven.