Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Thomas Kuschny · 09. Apr 2011 · Musik

Hauptsache es macht Spaß. – Das „Ulrich Drechsler Cello Quartet“ gastierte am Spielboden

Das legendäre Café Drechsler an der linken Wienzeile war in alter Zeit Asyl, sowohl für Naschmarkt-Tandler als auch für spät nachts umherstreifende Gestalten aller Milieus, hatte fast durchgehend offen und bot die Möglichkeit, auch morgens um sechs noch eine Partie Karambol zu beginnen. Überregionale Bekanntheit erlangte das Haus durch die gleichnamige Band, die sehr erfolgreich Jazz mit modernen Clubsounds verband. Kopf des Trios war der mit dem alten Café-Betreiber ganz und gar nicht verwandte Ulrich Drechsler, der seither mit verschiedensten Projekten auf sich aufmerksam macht. Eine Hommage an Thelonious Monk ist da ebenso zu finden wie eine Bearbeitung von Schuberts "Winterreise". Sehr ungewöhnlich ist auch sein neues Quartett mit zwei Celli, Schlagzeug und Bassklarinette.

Nach allen Seiten offene Musik

Der fehlende tiefe Bass verleiht der Musik eine ganz eigene Leichtigkeit und Transparenz, in ihren tiefen Registern sind Cello und Bassklarinette aber in der Lage, die sonst hier üblichen Bass-Ostinati zu ersetzen. Die Grundstrukturen sind betont einfach gehalten und mehr der Rockmusik, als dem Jazz verpflichtet. Sehr eingängige Akkordfolgen wechseln mit eher offenen Soundmalereien, die spanische Kadenz wird zwar sehr oft bemüht, andererseits: das Rad neu zu erfinden, ist ohnehin unmöglich, das leichte Variieren von Klischees gelingt Drechsler aber sehr gut. Die Musik ist nach allen Seiten offen, man vernimmt Orientalisches bis Osteuropäisches, denkt an die Franzosen um Louis Sclavis und Michel Portal, die unterkühlten Klänge des Jazz der frühen Sechziger (spontan assoziiert: Herbie Manns „Comin' Home Baby“) sind auch nicht weit.

Ein harmonisches, gefälliges Klangbild

Der Bandleader an der Bassklarinette hat einen sehr warmen Ton und kommt ganz ohne unnötige Protzereien aus. Die zwei Celli ermöglichen, jeweils überwiegend nach links bzw. rechts verstärkt, ein reizvolles, breites Stereo-Panorama. Rina Kaçinari verfügt über einen äußerst impulsiven „Strich“, mitunter scheppert und knarzt es ganz erfrischend. Der gebürtige Vorarlberger Christof Unterberger spielt sehr dringliche, ungewöhnliche Soli. Unterlegt von den entspannten, unaufgeregten Grooves von Schlagzeuger Jörg Mikula, dem sogar ein Drumsolo in Zimmerlautstärke gelingt (!), ergibt sich ein harmonisches, gefälliges Klangbild. Zu gefällig etwa?

Längliche Ansagen

In seinen länglichen Ansagen betont Drechsler, wie wichtig es ihm ist, dass die Leute bei seinen Konzerten „Spaß haben“, er will Emotionen wecken etc. Hätte er statt philosophischer Ergüsse („salbungsvolle Worte“ sagt mir einer auf der Toilette) nur die Musik sprechen lassen, kämen solche Zweifel vielleicht gar nicht auf. Dann noch das abschließende Urteil: Wir waren ein „wundervolles Publikum“. Danke. Übrigens: Das Café Drechsler hat wieder geöffnet. Geschmackvoll renoviert bietet es jetzt abends auch eine DJ-Line an.